Die Schauspielerin aus Winterhude ist in „Familienbande“ in den Kammerspielen zu sehen

Katharina Abt setzt Pointen treffsicher. Das improvisierte Wortgefecht, das sich die Schauspielerin beim Posieren auf der Kammerspiele-Veranda mit dem Fotografen liefert, ist bühnenreif. Das verbale Pingpong mit dem lässigen, selbstbewussten, so schlagfertigen wie schnell schießenden Fotojournalisten gleicht der Szene aus einer Boulevardkomödie. Katharina Abt sprüht vor Charme und beweist dazu noch eine gute Portion Selbstironie. Nebenbei switcht sie durch diverse Dialekte. Von Bayrisch über das in Mannheim gesprochene Mannemerisch („Klingt doch immer irgendwie beleidigt“) und Sächsisch („Ich finde einen sächselnden Mann niedlich, aber einen schwäbelnden Kerl unattraktiv“) bis hinein ins tiefste Wienerisch.

Schon die Proben zum Liederabend „Familienbande“ von Franz Wittenbrink und Lutz Hübner bereiteten der Wahlhamburgerin aus Bayern offensichtlich Vergnügen. Warum? „Ganz einfach, ich darf wieder singen“, sagt sie. Die in München aufgewachsene Tochter einer Opernsängerin wollte jedoch nie ihrer Mutter nacheifern. „Als kleines Mädchen habe ich Liz Taylor bewundert. Wie sie wollte ich Schauspielerin und Millionärin werden. Na ja, das erste hat halbwegs geklappt.“

Wie ihr Idol stand Abt schon mit acht Jahren vor der Fernsehkamera, spielte in Dieter Hildebrandts „Notizen aus der Provinz“ mit, später 1985 in der Serie „War was, Ricky?“ die Tochter von Renate Schroeter und Gerd Baltus. „Ich wollte das, ich war bei einer Kinderagentur.“ Auf den Rat von älteren Kollegen hörend, bewarb sie sich dann doch für eine „richtige solide Ausbildung“, lernte das Handwerk sozusagen von der Pike auf an der Westfälischen Schauspielschule in Bochum. Sie spielte am Theater in Inszenierungen von Amélie Niermeyer, Werner Düggelin, Daniel Karasek, Volker Lösch und Michael Bogdanov – 2004 in dessen „Diener zweier Herren“ an den Kammerspielen.

„Ich habe aber immer schon gern gesungen und habe auch Unterricht genommen.“ Daher das ausgeprägte Gehör für Dialekte. Außerdem hätte Singen einen guten Nebeneffekt, verrät sie mit ironischem Augenzwinkern. „Ich schütte offenbar dabei so viel Endorphine aus, dass ich nach den Vorstellungen keinen Hunger verspüre.“ Von so einer „Schlankheitskur“ träumen manche Primadonnen vergeblich.

Die Dolly Levi im Jerry-Herman-Musical „Hello, Dolly!“ war für Abt ein entscheidendes Erlebnis. „Ich durfte im Mittelpunkt stehen, und bei Regisseur Olaf Strieb auch mal soubrettenhaft übertreiben, was ich sonst nicht mache.“ Plötzlich fühlte sie sich lockerer und freier. „Das hilft mir auch bei dramatischen und tragischen Rollen. Da ist mir ein Knopf aufgegangen.“

Nun spielt sie „Familienbande“ in der Regie von Franz-Joseph Dieken. „Wenn der Wittenbrink nicht zu mir kommt, dann komme ich eben zu ihm.“ Im musikalischen Abend unter Verwandten ist sie Sabine. „Die will es immer allen recht machen.“ Im Gegensatz zu ihrer Darstellerin. „Am meisten freue ich mich darauf, das parodistische Opern-Medley zu singen.“

Als freie Schauspielerin zu arbeiten, sei manchmal ein schöner, öfter ein schwieriger Zustand. „Ich spiele immer an anderen Orten, nur nicht in der Stadt, in der ich seit 2002 wohne. Das ist jetzt mal anders. Andererseits reizt sie die Abwechslung: „Ich mag das, ein ernstes Stück in Düsseldorf zu spielen, die Gina Ekdal in Ibsens ‚Wildente‘, ein Vierteljahr später das Musical ‚Hello Dolly!‘ und dazwischen einen Fernsehfilm zu drehen.“ Allerdings seien die goldenen Zeiten vorbei, als sie mit Ottfried Fischer „Der Bulle von Tölz“ drehte. „Seit der Krise 2008 hat sich vieles verändert, es läuft nur sehr zäh. Es gibt weniger Rollenangebote, auch weniger Gage. Waren für eine Mörderin früher sieben bis zehn Drehtage angesetzt, sind es jetzt nur mehr drei.“ Beim Erinnern an die Drehtage mit dem „Otti“ ist Abts südliche Warmherzigkeit zu spüren. „Wir haben selten das gespielt, was im Drehbuch stand, er schrieb Dialoge um und setzte andere Pointen. Er ist ja auch Kabarettist, und ich habe unglaublich viel von ihm gelernt.“

An ihrer Hamburger Wahlheimat liebt die Münchnerin besonders das Licht, die Kanäle und ihre Winterhuder Wohnung. „Würde ich in Berlin aufwachen, und es geht mir gerade nicht so gut, würde ich depressiv sein. Hamburg wirkt auf mich antidepressiv. Außerdem sind die Hanseaten viel höflicher als die Bayern.“

Beim Stichwort „Wohnung“ fällt Abt ihr Literatur-Salon ein. Sie zückt ein Nudelrezeptheft. „Ich muss noch einkaufen. Wir sind jetzt 13 Mitglieder im geschlossenen Zirkel ‚Lesen bei Abt‘, treffen uns alle drei bis sechs Wochen zu Spaghetti, viel Wein und noch mehr Zigaretten und nehmen uns ein Buch vor, das wir alle gelesen haben. Schult das Analysieren und Argumentieren.“

Seit der Finanzkrise 2008 hat sich vieles verändert, es läuft nur sehr zäh. Es gibt weniger Rollenangebote.