Wie wird es weitergehen mit dem Verkehr in Hamburg? Das Abendblatt fragte Dieter Läpple, Professor für Stadtökonomie und Internationale Stadtforschung an der HafenCity Universität. Er beschreibt in einem Gastbeitrag seine Vorstellung über den Wandel der Mobilität in der Stadt:

„Wir stehen vor einer tief greifenden Trendwende bei der Mobilität in der Stadt. Nachdem Pkw-Besitz und -Nutzung über Jahrzehnte hinweg gestiegen sind, gewinnen in den Städten der öffentliche Verkehr und das Fahrrad an Bedeutung. Zumindest bei jungen Menschen verliert das Auto seine Rolle als Statussymbol. Aber bisher bestimmt das Auto immer noch die Stadt. Die Straßen sind vielfach Kampfzonen. Es wird immer noch aufgerüstet. Die Geländewagen werden größer und schwerer und die Fahrzeuge schneller. Und in den Bahnen und Bussen der Wachsenden Stadt wird es eng.

Wir brauchen keine ,Verkehrsentwicklungsplanung‘, um einen sich selbst verstärkenden Verkehr zu optimieren, sondern wir brauchen eine ,Verkehrsgestaltungsplanung‘, bei der die Menschen, die Stadt und die Umwelt zentral stehen. Und wir brauchen eine neue Mobilitätskultur, basierend auf gegenseitiger Rücksichtnahme und Schutz der jeweils schwächeren Verkehrsteilnehmer. Wir müssen die Straßen wieder zu Lebens- und Erlebnisräumen machen.

Aber es wird kein ,Entweder-oder‘ geben. Für viele ist das Auto nach wie vor ein attraktives Verkehrsmittel. Es wird jedoch deutlich teurer werden durch höhere Benzinpreise, Citymaut und höhere Parkgebühren. Das Mobilitätsverhalten wird sich stark nach Alter, Lebensstilgruppen und Wohnmilieus ausdifferenzieren. Einige werden ganz auf das Auto verzichten, andere – beispielsweise Senioren – werden noch mehr Auto fahren. Viele werden es selektiver nutzen mit den Schlagworten: ,Nutzen statt besitzen‘ – also die zunehmende Bedeutung von Carsharing-Angeboten; und ,Multimodalität‘ – die pragmatische Kombination unterschiedlicher Verkehrsmittel.

Das Smartphone bekommt eine Schlüsselrolle. Über Apps kann man, je nach Bedarf die schnellste, billigste, erlebnisreichste oder umweltfreundlichste Verkehrsmittelkombination planen und die Kosten abrechnen. In zehn Jahren wird für innerstädtische Straßen Tempo30 festgelegt. Dies macht den Verkehr ruhiger, sicherer, verlässlicher und verträglicher. Die Elektromobilität wird sich bei den Autos nur selektiv durchsetzen. Durch die hohen Anschaffungskosten sind E-Autos nur für Vielfahrer – wie Taxis oder Mietwagen – interessant.

Die effektivste Elektromobilität bietet die Stadtbahn. Hamburg wird sie als letzte europäische Großstadt in zehn Jahren einführen. Es wird gute Synergien mit den schon eingeführten Elektrobussen geben, die teilweise auch die Stadtbahntrassen nutzen können.

Die erstaunlichste Renaissance wird das Fahrrad erleben. Sobald der Fahrradverkehr in der Stadt eine kritische Masse erreicht hat und ihm Raum gegeben wird, werden immer mehr diese geniale und gesunde Fortbewegungsweise entdecken – nach Bedarf unterstützt durch E-Antrieb.“