Was wäre Norderstedt ohne seine Narren? Öd und langweilig. Keiner würde von der Bühne Tachles reden, keiner Norderstedts Polit-Komödianten Paroli bieten, keiner den spitzen Narren-Finger in finstere Löcher bohren und willentlich Verborgenes ans Licht ziehen. Bisher ist Norderstedts Stadtkabarett „Die Thespisnarren“ niemand entkommen, die und der es auch verdient hätte, und das seit fast 37 Jahren!

Am 30. August 1974 schlugen die „Thespisnarren“ in Norderstedt erstmals zu und im Festsaal am Falkenberg auf, ausgerechnet für die Festwoche „600 Jahre Harksheide“. Mit dem Programm „Lieb Norderstedt, magst ruhig sein – Die Stadt, von der sich’s leben läßt“, wurde der Festsaal am Falkenberg, eigentlich – und bald wieder – die Aula des Gymnasiums Harksheide, feierlich eingeweiht. Das Programm schrieb der Autor und Journalist Jörg-Peter Hahn. Er war auch der Gründer der Narren und Theaterkritiker des Hamburger Abendblatts/Norderstedter Zeitung.

„Die Thespisnarren“ fanden sich aus Mitgliedern des Norderstedter Amateur-Theaters (NAT) zusammen, das wiederum bereits 1947 Alfred Stern als „Volksbühne Garstedt“ gründete. Als 1970 aus den vier Dörfern Garstedt, Glashütte, Harksheide und Friedrichsgabe die Stadt Norderstedt entstand, wechselte die Amateurbühne ihren Namen in „Norderstedter Amateur-Theater“. In den ersten zehn Jahren blieben die Kabarettisten noch unter dem Dach des NAT, im November 1984 machten sie sich selbstständig – und wie!

Ihr Gründer, Autor und Regisseur Jörg-Peter Hahn war auch der Motor der „Thespisnarren“. 31 Kabarett-Programme, darunter 20 politische, acht literarische, zwei gemischte und ein Best-Of-Programm gingen über die Bühne. Die wurden mehrfach gewechselt. Vom Festsaal ging es ins kirchliche Zentrum am Falkenberg, dann zurück an die Urstätte der „Garstedter Volksbühne“, dem Garstedter Hof“ und schließlich aufs Podium im kleinen Saal der „TriBühne“ am Rathaus, die die Narren zu ihrer „Kleinkunstbühne“ erkoren.

Wie es sich für ein ernst zu nehmendes Kabarett gehört – das immerhin im Deutschen Kabarett-Archiv in Mainz registriert ist – wurden die Thespisnarren in den zweieinhalb Jahrzehnten ihres Wirkens auch schon „von höherer Warte“ gegängelt. Sie flogen, nicht zu Konzessionen bereit, aus schon aufgezeichneten Sendungen bei Funk und Fernsehen. Trotzdem, stur wie Narren nur sein können, waren sie trotzdem um Rundfunk zu hören, beispielsweise mit Auszügen aus ihrem Kurt-Tucholsky-Programm oder auch mit ihrer Parodie auf den SHMF-Intendanten Justus Frantz: „Frantz op de Deel“.

Zum Ausgleich wurden sie 1992 mit einem Kulturpreis gehätschelt. Ihre Unabhängigkeit haben sie sich in all den Jahren bewahrt.

Im Herbst 1985 richteten sie vorübergehend ein literarisches „Theatercafé“ im ehemaligen „Foyer I“ zu Zeiten der „Kulturruine“ ein, Vorläuferin der „TriBühne“, und ihr politisches „Statt-Theater-Brettl“ nebenan im „Foyer II“. Dort hatte das Stück „Dämmert’s den Göttern?“ am 20. Januar 1995 Premiere.

Es war Jörg-Peter Hahns letzte Produktion. „jph“ erkrankte schwer, musste seine Arbeit bei den „Thespisnarren“ aufgeben und starb im Juli 1996. Ein Schock nicht nur für die „Thespisnarren“.

Die mussten sich nach dem Schock neu formieren, neu ordnen und vor allem einen neuen Autor und Regisseur finden. Zum Vorsitzenden wählte der Kabarett-Verein Heiner Nack, Mitglied seit Jahren. Anfang 1996 fanden die aktiven Narren mit dem Berliner Schauspieler und Regisseur Rainer Gerlach auch einen neuen Autor und künstlerischen Leiter. Gerlach schrieb in den 60er-Jahren schon Texte fürs Berliner Kabarett „Distel“, hatte Engagements in vielen deutschen Städten und arbeitete auch als Synchron-Regisseur. Hinzu kamen auch neue Narren, da Inka Hahn mit dem Tod ihres Ehemannes Jörg-Peter Hahn die „Thespisnarren“ verließ. Jörg-Peter Hahn hatte ihr neben anderen Rollen buchstäblich die berühmte „Norderstedter Rathaus-Putze“ auf den Leib geschrieben.

Doch ein nahtloses Anknüpfen an die Hahn-Ära gelang nicht. Das erste Programm „Achtung Systemfehler“ unter Rainer Gerlachs Regie wurde 1997 zur Bewährungsprobe. Es gab schlechte Kritiken in Presse, die Meinung des Publikums war geteilt.

Doch mit Programmen wie „Frivol als auch“ und „MachtLos!“ arbeiteten sich die „Thespisnarren“ wieder aus der Talsohle. Mit „Fast Night of the Proms“ feierten die „Thespisnarren“ dann ihr 25-jähriges Bühnenbestehen.

Immer wieder ließen sich die Narren neue Aktionen fürs Publikum einfallen. So konnten die Zuschauer mit dem Programm „Prost Mahlzeit“ den „Genießerschein“ erwerben und (fast) alles über Gastronomieregeln lernen.

Das Programm 2001 „Finale Marktwirtschaft“ schrieben die Narren wegen Nine Eleven“, der Zerstörung der Twin Towers in New York durch islamistische Terroristen neu, die Realität hatte die Narren geschlagen. „Schluß mit lustig“ hieß das neue Stück. Es wurde zu einer der erfolgreichsten politischen Aufführung, mit der die „Thespisnarren“ erstmals im Oadby-and-Wigston-Saal auftraten, ihrer künftigen Kleinkunstbühne in der „TriBühne“.

Mit „Gartenfest oder Krieg der Zwerge - mit Tingeltangel“ brachten die Kabarett-Amateure erstmals ein politisches und zugleich literarisches Programm aufs Podium, das mit der integrierten Gastronomie beim Publikum guten Zuspruch fand.

Das ermunterte die „Thespisnarren“, mit dem Programm „Wir kriegen nicht genug“ auch namhafte Künstler, beispielsweise vom Hamburger Schmidts Theater und Schmidts Tivoli auf die Kleinkunstbühne zu holen. Stete Kracher sind das Duo „Emmi und Herr Willnowski“.

Das 25. Programm hieß „Alles reduziert“ und hatte am 29.Oktober 2004 Premiere. Es folgten Stücke wie „Zwischen Muskelzittern und Herzflattern – ein literarisch-musikalisches Wellness-Programm“, „Der Anpfiff lauert überall“, „Alles für die Katz – mit Liebe, Tod und Teufel“, „Wir wirtschaftswundern uns“, „Du bist Mode!“, „Wir kennen uns doch“, und am 18. Februar, 20?Uhr, hat „Wir räumen auf – ein Blick zurück nach vorn“ in der Kleinkunstbühne der „TriBühne“ am Rathaus in Norderstedt Premiere.