Es war Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die am vergangenen Freitag noch einmal klarmachte, dass die Ziele des Bildungsgipfels nicht in Vergessenheit geraten sind, zu dem sie im Oktober 2008 die Regierungschefs der Länder eingeladen hatte.

Berlin. Bald wolle sie mit den Ministerpräsidenten über eine bessere Finanzierung der Bildung in Deutschland verhandeln. Es bleibe beim Ziel des Gipfels, bis 2015 die öffentlichen und privaten Ausgaben für Bildung und Forschung in Deutschland auf zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu steigern. Neueren Berechnungen zufolge sind dazu allein aufseiten des Staates Mehraufwendungen von bis zu 30 Milliarden Euro erforderlich. Ob es tatsächlich zu dieser Aufstockung kommt, ist ungewiss.

In jüngster Zeit waren vor allem vom unionsgeführten Baden-Württemberg Zweifel geäußert worden, ob dieses Ziel angesichts der Lage der öffentlichen Haushalte auf absehbare Zeit realisierbar sei.

Dennoch kann Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) durchaus mit Stolz darauf verweisen, dass keine Bundesregierung mehr Mittel in Forschung und Lehre investiert hat als diese. Schavan war es, die den Anstoß für ein gemeinsames Bund-Länder-Programm gab, als sie realisierte, dass die Bundesländer damit überfordert waren, den bevorstehenden Studentenboom zu bewältigen ("Hochschulpakt I"). Und sie war es auch, die dafür sorgte, dass 6,5 Milliarden Euro für Baumaßnahmen an Bildungseinrichtungen im Zuge des Konjunkturpakts II zur Verfügung gestellt wurden. Selbst in der Diskussion um die 18 Milliarden Euro, die für den Hochschulpakt II, die Fortsetzung der Exzellenzinitiative und den Pakt für Innovation und Forschung benötigt wurden, konnte sie sich gegen Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) durchsetzen. Dieser hatte Zweifel angemeldet, ob das in Zeiten der Wirtschaftskrise noch machbar sei.

Dennoch gilt Schavan vielen Beobachtern als "Auslaufmodell". Ob sie dem nächsten Kabinett angehört, ist ungewiss. Kritik an ihr kommt auch von konservativer Seite: Der Deutsche Hochschulverband (DHV), die renommierte Standesvertretung der Universitätsprofessoren, wirft Schavan vor, sie habe wichtige bildungspolitische Debatten "aus einer eigentümlich distanzierten Zuschauerrolle" verfolgt: "Viel zu weit ließ sie den Bologna-Zug in eine Sackgasse fahren", sagt der DHV-Präsident Bernhard Kempen. Tatsächlich hatte Schavan sich lange Zeit gar nicht mit den Nachteilen des neuen, verschulten Bachelor/Master-Studiensystems auseinandergesetzt. Kaum akademische Freiheiten mehr, straffe Stundenpläne, zu viel Auswendiglernen und am Ende doch nur ein "Schmalspurabschluss", mit dem sich wenig anfangen lasse - das waren die Themen der Debatte, zu der Schavan zunächst nicht viel zu sagen hatte. Dabei ist die Ausgestaltung von Bildungssystemen mindestens so wichtig wie deren Finanzierung. Das musste Schavan erkennen, als sie sich dazu verstieg, den ausufernden "Bildungsstreik" gegen die totale Durchorganisiertheit des Studiums im Sommer dieses Jahres als "gestrig" abzukanzeln.

Denn in diesen Tagen schien die Ministerin den Problemen an den Hochschulen, die sich eben auch durch Geld nicht heilen lassen, weit entrückt. Als die kritischen Stimmen immer lauter wurden, reagierte die Ministerin schließlich. Sie lud Studenten und Professoren ins Ministerium ein und machte sich überraschend deren Kritik am Bachelor/Master-System zueigen. Das war ein Dammbruch. Denn es gilt seitdem quasi als beschlossen, dass Deutschland eine Reform dieser verunglückten Reform braucht und bekommen wird. Hin zu mehr Freiheit, mehr Qualität, zu entschlackten Lehrplänen und Mobilität.

Schavan hat darauf verzichtet, diesen gesellschaftlichen Erkenntnisgewinn in der Bilanz ihres Hauses mit aufzuführen. Aber er ist genauso wichtig wie der Zuwachs an Auszubildenden, Studienanfängern und die Erhöhung des BAföGs.