Bei der Betreuung von Menschen, die an Alzheimer erkrankt sind, spielen Ehrenamtliche eine wichtige Rolle. Sie entlasten die Angehörigen enorm.

Hamburg. In Hamburg sind schätzungsweise rund 25 000 Menschen an Alzheimer erkrankt - Tendenz steigend. Und immer mehr Menschen müssen damit rechnen, dass in ihrer Familie jemand an dieser Krankheit leiden wird und zu Hause versorgt werden muss. Häusliche Pflege ist ohne die Unterstützung durch ehrenamtliche Hilfe aber kaum noch leistbar. Denn nur wenn eine ehrenamtliche Kraft sich stundenweise um den Erkrankten kümmert, kann der pflegende Angehörige ein bisschen Zeit für sich genießen.

Sabine Huth-Sauerwein von der Alzheimer Gesellschaft Hamburg schildert dazu das Schicksal von Karin und Siegfried G.:

Karin G. hat seit 2007 Alzheimer. Es fing an mit zunehmender Orientierungslosigkeit. Ein paarmal hatte Karin G. den falschen Bus genommen, nicht nach Hause gefunden. Manchmal griff die Polizei sie auf. Ein Neurologe stellte schließlich die erschütternde Diagnose. Nach dem ersten Schock fand Siegfried G. Hilfe bei der Alzheimer Gesellschaft Hamburg, aber die Teilnahme an einer Angehörigengruppe musste er wieder aufgeben. Sobald seine Frau in die parallele Betreuungsgruppe gehen sollte, musste sie sich übergeben. Sie kann keine Gruppen ertragen. So kommt auch eine Tagespflege nicht infrage. Wie viele an Demenz Erkrankte bekommt Karin G. eine individuelle Betreuung. Die ehrenamtliche Helferin Ingeborg Schildt kommt einmal die Woche für zwei Stunden. Dann hat der sonst so geduldige Ehemann frei. Denn dass er ans Haus gebunden ist, ist das Schlimmste für Siegfried G. Er kann seine Frau nicht mehr allein lassen, sie würde den Herd anschalten oder etwas anderes Gefährliches tun. Wenn er zum Einkaufen geht, muss er seine Karin im Auto einschließen, damit sie nicht wegläuft.

Ingeborg Schildt gibt die Betreuung von Karin G. sehr viel Befriedigung. Die ehemalige Verwaltungsangestellte wurde durch eine mehrmonatige Ausbildung für Ehrenamtliche bei der Alzheimer Gesellschaft Hamburg auf ihre schwierige Aufgabe vorbereitet.

Sie erzählt freudig von den kleinen Fortschritten, die ihre Besuche gebracht haben. Vor einem Jahr noch lag Karin G. apathisch auf der Couch, kaum ansprechbar. Mittlerweile wirkt die Demenz-Erkrankte aktiver. Sie hat wieder angefangen zu stricken. Und sie singt gern. Am liebsten "O du Fröhliche". Ingeborg Schildt spielt mit Karin G. "Bauernskat" und "Mensch ärgere dich nicht", oder sie lesen Märchen. Manchmal schauen sie ein altes Buch über Övelgönne an, die Heimat von Karin G.

Demenzkranke leben in einer anderen Welt, ohne Raum- und Zeitgefühl. Oft bleibt es ein Geheimnis, was sie denken und fühlen. Auch Ingeborg Schildt hat eingesehen, dass sie sich an die Welt der Erkrankten anpassen muss, nicht umgekehrt. Und sie hat noch etwas gelernt: Geduld und Bescheidenheit. Für die aktive, dynamische Frau keine leichte Aufgabe. Aber sie macht weiter, weil sie weiß, wie wichtig ihre Betreuung ist, denn Angehörige von Alzheimer-Patienten brauchen Entlastung, sonst werden sie am Ende selbst krank.

Ingeborg Schildt weiß auch, dass sie den Alzheimer nicht rückgängig machen kann. An dieser traurigen Tatsache kann sie nichts ändern: Karin G. erkennt ihre Töchter nicht mehr. Auch dass sie vier Enkelkinder hat, hat sie "vergessen". Das ist die fortschreitende Nacht der Demenz, in die die Betreuerin und der liebevolle Ehemann immer wieder versuchen ein bisschen Licht zu bringen.