Lebenshilfe: Ein Online-Leitfaden hilft bei der Umsetzung von Arbeitsplätzen für Schwerhörige

Dass sie kaum noch gut hörte, hatte Manuela Seidel lange selbst nicht bemerkt. „Erst als mich meine Familie darauf hinwies, dass ich immer lauter spreche und den Fernseher extrem laut drehe, merkte ich, dass etwas nicht stimmt“, sagt die Erzieherin. Untersuchungen beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt ergaben, die 51-Jährige ist schwerhörig. Mit dieser Diagnose ist sie eine von rund 15 Millionen schwerhörigen Menschen in Deutschland. In der Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen hört bereits jeder Vierte nicht mehr gut.

Welche Folgen die Schwerhörigkeit für einen berufstätigen Menschen hat, können dessen gut hörende Kollegen oft gar nicht nachvollziehen. Sie wissen meist nicht, dass eine schwerhörige Person nicht nur einfach alles etwas leiser hört. Und dass Hörgeräte das Gehör zwar unterstützen, es aber nicht ersetzen können. Das heißt, Nebengeräusche in Kantinen, hallige Büroräume oder das Durcheinandersprechen in Konferenzen können das Verständnis extrem erschweren.

Oft vermeiden es Betroffene auch, über ihre Höreinschränkung zu sprechen oder Hörgeräte zu tragen. „Hörgeräte sind häufig noch mit dem Makel von Alt und Gebrechlichsein verbunden“, sagt Heike Clauss, vom Projekt hörkomm.de.

Sie und weitere Mitarbeiterinnen des Projektes haben deshalb gemeinsam mit Unternehmen, Experten und Betroffenen den Online-Leitfaden „Barrierefrei hören und kommunizieren in der Arbeitswelt“ entwickelt und auf der Internetseite www.hörkomm.de veröffentlicht. „Unser Ziel ist es, auf Hindernisse für hörbehinderte Menschen im Berufsleben aufmerksam zu machen und diese abzubauen“, sagt Heike Clauss. Gefördert wurde das nun abgeschlossene Projekt vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, ausgeführt hat es die DIAS GmbH, ein Hamburger Forschungs- und Dienstleistungsunternehmen im Rehabilitationsbereich.

In dem Leitfaden werden konkrete Vorgehensweisen dargestellt, mit denen Verantwortliche und Betroffene in Unternehmen Verbesserungen erreichen können. So erfährt man beispielsweise, wie Lärmbelastung im Betrieb ermittelt und Mitarbeiter für das Thema Hören sensibilisiert werden können. Es wird vorgestellt, welche Lösungen sich für eine bessere Raumakustik eignen und wie sie finanziert werden können. Warum Kommunikationsanlagen eine wichtige Unterstützung für hörbehinderte Menschen sind oder wie Alarmsysteme für Menschen mit Hörminderung beschaffen sein müssen. Best-Practice-Beispiele zeigen, wie Unternehmen gute Lösungen bereits umgesetzt haben. In der Infothek auf der Internetseite finden Interessierte zudem wichtige Informationen, etwa aus den Bereichen Medizin und Selbsthilfe. Und für betriebliche Aufklärungsmaßnahmen zum Thema Hören können bereits formulierte Flyer kostenlos heruntergeladen werden.

Wie hilfreich es schon sein kann, die Kollegen über den eigenen Hörverlust zu informieren, hat Manuela Seidel erlebt: „Seit meine Kolleginnen wissen, dass ich sie nicht so gut hören kann, wenn sie mich von hinten ansprechen, klappt die Kommunikation besser.“