Ausgebildete Tiere unterstützen Menschen mit Behinderung in ganz alltäglichen Lebenssituationen. Trainiert werden sie vom Verein Rehahunde-Deutschland

Manchmal fällt ihr das Handy aus der Hand, wenn sie unterwegs ist. Wenn die Finger mal wieder nicht so wollen wie sie. Wenn die Gliedmaßen, gekrümmt von der Spastik, nicht zu kontrollieren sind. Es sind Momente, in denen Agnieszka Meier ihre ganze Hilflosigkeit zu spüren bekommt. Momente, in denen sie Behinderung und Rollstuhl verfluchen möchte. Sie ist 40 Jahre alt und seit ihrer Geburt spastisch gelähmt. In vielen Situationen ist sie auf fremde Hilfe angewiesen.

Dass es nicht zwingend ein Mensch sein muss, der ihr in solchen Situationen zur Seite steht, hat Agnieszka Meier das erste Mal erfahren, als sie Neo kennenlernte. Der Labrador-Rüde ist ein Jahr alt und wird derzeit vom Verein Rehahunde-Deutschland zum Behindertenbegleithund ausgebildet. Im Dezember ist seine einjährige Ausbildung abgeschlossen. Dann wird er Frau Meier als treuer Helfer und Begleiter rund um die Uhr zur Seite stehen.

Die Rehahunde können Türen öffnen, Socken ausziehen und Dinge bringen

Bis dahin lernt er von seinen Ausbildern in Süddeutschland genau die Dinge zu tun, die die Hamburgerin allein nicht schaffen kann: Gegenstände aufheben, Türen öffnen, Socken und Hose seiner Halterin ausziehen. Er lernt aber auch, neben dem Rollstuhl zu gehen, in unüberschaubaren Situationen die Ruhe zu bewahren, anzuschlagen, wenn Frau Meier in Not ist.

25.000 Euro kostet die Ausbildung eines Rehahundes. 1500 Euro muss der Auftraggeber zu Beginn als Anzahlung leisten. Der Rest soll durch Spendengelder getragen werden, da die Krankenkasse sich nicht an den Kosten beteiligt. Nur Blindenführhunde werden über die Kasse finanziert. Auch gibt es keine staatliche Förderung in diesem Bereich. Und das, obwohl Neo in vielerlei Hinsicht eine menschliche Hilfskraft ersetzt – so wie alle Tiere, die vom Verein Rehahunde-Deutschland ausgebildet werden.

Aika zum Beispiel, die Labrador-Hündin von Renate, einer jungen Frau, die ebenfalls im Rollstuhl sitzt. Aika hilft im Alltag, kann die Waschmaschine ausräumen, das Telefon und die Gehhilfe bringen und vieles mehr.

Die Tiere sind etwas für die Seele. Sie leisten Gesellschaft, hören zu, kuscheln, begleiten und geben Sicherheit. Oft ersetzen sie ein Stück weit auch Freunde oder die Familie. Und: Sie sorgen dafür, dass ihre Halter oft über sich hinauswachsen, weil sie die Verantwortung für sie tragen. Sie stärken das Selbstvertrauen, fördern den Kontakt zu anderen Menschen.

So wie bei Lisa. Die Schülerin ist stark hörgeschädigt. Oft wurde sie im Straßenverkehr angeschrien, weil sie nicht rechtzeitig zur Seite ging. „Um Konflikte zu vermeiden, zog ich mich immer mehr zurück“, sagt sie. „Allein ging ich nie raus.“ Durch ihren Hund Sammy veränderte sich ihr Leben. „Ich traue mich inzwischen ganz weit weg“, sagt die Schülerin. „Mit Sammy gehe ich sogar einkaufen. Und ich unterhalte mich mit fremden Menschen. Das hätte ich vorher niemals getan.“

Wer spenden möchte: Rehahunde-Deutschland e.V. Konto Nr: IBAN : DE19 1309 0000 0002 5341 18. Weitere Infos: www.rehahunde.de