Kinder helfen Kindern: Die Schülerinitiative „Steht Auf“ des Helene-Lange-Gymnasiums organisiert eigene Hilfsaktionen für Kinder in Not.

Von Schülern, die vom Schulstress geplagt, keine Zeit und keine Lust haben, sich ehrenamtlich zu engagieren, ist häufig die Rede. Von Jugendlichen, die lieber mit Freunden im Internet chatten, als sich für ihre Mitmenschen einzusetzen. Das trifft bei diesen Jungs und Mädchen, die an diesem Sonnabendnachmittag am Straßenbahnring in Hoheluft-Ost stehen und Brownies für den guten Zweck verkaufen, überhaupt nicht zu. Die Schülerinitiative „Steht Auf“ des Helene-Lange-Gymnasiums in Eimsbüttel zeigt, dass Mitgefühl sinnvoll ist und Zeit spenden Spaß macht. Sechs Mädels und drei Jungs der neunten Klasse treffen sich regelmäßig, um zu diskutieren – über soziale Themen, über Umweltschutz – und um dann aktiv zu werden. Sie haben sich für die Rettung des Regenwaldes engagiert, für die Opfer der Fukushima-Katastrophe Geld gesammelt, für die Kindernothilfe und die Hamburger Tafel, und sie haben Pakete mit warmen Kleidungsstücken und Süßigkeiten für Obdachlose gepackt. Der Erlös aus dem Brownie-Verkauf soll dem Kinderhospiz Sternenbrücke zugutekommen.

Ein alter Wäscheständer, der schon auseinanderfällt, dient als Verkaufstresen für die Brownies. Ein Preis ist nicht vorgegeben, jeder zahlt so viel er möchte. Daneben liegen Informationsbroschüren des Kinderhospiz. Transparenz ist ihnen wichtig. Die Menschen sollen sehen können, wohin die Spenden gehen. Das Ziel für die heutige Sammelaktion sind 100 Euro. In den ersten 15 Minuten hatten sie schon 20 Euro in ihrer Kasse. Es gäbe heute wenige Ausreden der Passanten, wie „ich habe gerade keine Hand frei“ oder „ich komme später wieder“. 1000 Euro sollen insgesamt für das Kinderhospiz zusammenkommen. Ein Termin für eine symbolische Scheckübergabe steht schon fest. Denn natürlich hat sich die Kinderinitiative vor der Sammelaktion mit der Sternenbrücke in Verbindung gesetzt. „Wir werden von Aktion zu Aktion besser und bekommen das Geld schneller zusammen, weil wir beim Erklären schneller und souveräner werden“, sagt Elena Tietz. Nicht nur das Sammeln von Spenden steht bei Elena, David, Merlin und den anderen im Mittelpunkt: „Es geht auch darum, dass sich die Leute bewusst werden, was für tolle Vereine und Projekte es in Hamburg gibt“, sagt Elena. Vor drei Jahren haben sich die Schüler zur Kinderinitiative „Steht Auf“ zusammengefunden. Ausgehend von der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima und einer Aktion an ihrer Schule dazu, wollten Elena und die anderen weitermachen. Seitdem trifft sich die Gruppe montagnachmittags nach Schulschluss um 14.45 Uhr in der Schule, um an neuen Projekten zu tüfteln. „Ob ich montagnachmittags zum Tanzen gehe oder bei ,Steht Auf‘ mitmache ist egal. Beides sind Hobbys, die Spaß machen“, sagt die 14-jährige Elena Perez. Für ihre Schauspielschule, für Merlins Basketball oder Filmerei und Davids Fotografie bleibt dennoch genügend Zeit. „Wir machen es mit Freude“, sagt Elena Tietz.

Ihre Kinderinitiative sei kein weiterer Pflichttermin, sondern hole sie aus dem üblichen Schulleben heraus, sagt Merlin, 14. „Wir wollen uns sozial engagieren. Das können wir, indem wir Zeit spenden.“ Zeit, um neue Ideen zu entwickeln und dann anzupacken.

Sie lernen Organisation, Kalkulation von Geldern und haben nebenbei viel Spaß

In den ersten Monaten hatten sie sich noch bei einem der Freunde zu Hause getroffen, doch dort war die Ablenkung zu groß. In einem Klassenraum lässt es sich besser konzentrieren. „Seitdem haben wir auch viel geschafft“, sagt Elena Tietz. Das seien tolle Treffen, sagt David, 14, weil es spannend ist, wie Entscheidungen getroffen werden.

Merlin: „Wir lernen, Dinge zu organisieren und auch zu kalkulieren, wie viel Spenden wir benötigen.“ Ohne Eltern und Lehrer. Das ist ihnen ganz wichtig. Denn die Initiative sei „ihr Baby“. Für ihre Obdachlosenaktion in der Vorweihnachtszeit im vergangenen Jahr hatten sie Pakete mit Mützen, Schals, Fleecedecken und Süßigkeiten gepackt.

Sie hatten sich bei der Tagesaufenthaltsstätte für Obdachlose an der Bundesstraße erkundigt und sind dann auf Obdachlose in den Straßen zugegangen. „Es geht nicht nur um das Sammeln von Geld, sondern auch darum, auf die Leute zuzugehen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen“, sagt David. Die meisten hätten sich über das Paket gefreut, andere waren zurückhaltender. Die 350 Euro für die Päckchen hatten sie mit dem Verkauf von Keksen und Tee gesammelt. Die Passanten seien ihnen gegenüber wohlwollend.

Nur einmal wurden sie von einem Polizisten an der Reesedammbrücke in der Innenstadt fortgeschickt, weil sie keine Genehmigung vom Ordnungsamt vorweisen konnten. Eine Ausnahme, über die sie heute schmunzeln können.

Mit dieser Serie in loser Folge erinnern wir an den Ursprung unseres Abendblatt-Vereins „Kinder helfen Kindern“ , denn es waren Kinder, die zunächst anderen Kindern halfen. Kennen Sie Kinder oder Jugendliche, die sich für andere Minderjährige engagieren? Vorschläge bitte an: mensch@abendblatt.de, Stichwort: Kinderhelden