Erektionsstörungen sind immer noch ein Tabuthema, müssen aber nicht einfach hingenommen werden. Es gibt Wege aus der Impotenz

Lange habe ich gebraucht, um diesen Schritt zu gehen und an Sie zu schreiben. Ich tue es, um unsere Ehe zu retten. Wir haben bisher zehn Jahre eine glückliche Ehe geführt. Seit einigen Monaten hat mein Mann erhebliche Potenzprobleme. Ich spüre, wie sehr er darunter leidet, aber nicht mit mir darüber sprechen kann. Er hat versucht, es vor mir zu verbergen.

Ich liebe meinen Mann und würde ihm niemals wegen solcher Störungen Vorwürfe machen oder ihn gar verlassen. Vor allem bin ich davon überzeugt, dass seine Probleme durch beruflichen Ärger und sehr viel Stress ausgelöst wurden.

Er schläft seit einiger Zeit schlecht, ist gereizt, unruhig und unausgeglichen. Ich möchte nur eines: ihm in seiner erkennbaren Not helfen. Wie kann ich ihn davon überzeugen, dass er sicher kein Einzelfall ist und dass es bestimmt gute Möglichkeiten gibt, ihm zu helfen?

Anne S., 37

Die Antwort gibt Prof. Dr. Frank Sommer, UKE, "Männergesundheit":

Viele Männer fühlen sich in ihrem Selbstwertgefühl eingeschränkt, wenn Potenzprobleme auftreten.

Dieses zuzugeben bedeutet einen sehr großen Schritt. Manchmal hilft es, die betroffenen Männern wissen zu lassen, dass wir eine Studie bei über20 000 deutschen Männern durchgeführt haben, in der festgestellt wurde, dass zwischen dem 20. und 80. Lebensjahr jeder fünfte Mann von Erektionsstörungen betroffen ist. Das bedeutet, dass es keine seltene Erkrankung ist und man sich dafür nicht schämen muss. Es kann jeden treffen!

Jetzt ist wichtig, dass Sie Ihrem Mann zeigen, wie sehr Sie zu ihm stehen und verständnisvoll, aber bitte nicht mitleidig, mit seiner Situation umgehen. Dabei sollten Sie ganz liebevoll über mögliche Wege aus dieser Situation sprechen und sich über Behandlungsoptionen austauschen, die ihm seine "Manneskraft" zurückgibt. Das aktive Gespräch könnte sich im ersten Moment schwierig gestalten, da es ihm sehr schwerfallen wird, darüber offen zu sprechen - aber nehmen Sie ihm die Angst, indem Sie sich frei äußern und die Bereitschaft zeigen, sich mit ihm darüber auszutauschen.

Gerne können Sie auch gemeinsam zu einem Arzt Ihres Vertrauens gehen und die Problematik schildern.

Neben organischen Ursachen bzw. Blutgefäßen, Nerven, Verlust von Muskelzellen, etc., etc. können auch psychogene Faktoren wie beispielsweise Stress eine Erektionsstörung bedingen.

Wichtig ist hierbei, dass man sich an eine Fachfrau/einen Fachmann wendet, der organische Ursachen ausschließen kann. Eine spezielle Ultraschalluntersuchung (Doppler-Duplex-Sonografie) der Penisgefäße ist hier ganz wichtig!

Die Penisgefäße sind die kleinsten Gefäße im Körper und können, wenn sie geschädigt sind, etwa acht Jahre vor einem Herzinfarkt schon zu Erektionsstörungen führen. Damit ist es möglich, Männer vor einem Herzinfarkt zu bewahren. Weitere Untersuchungen sollten sein: Messung der Beckenbodenmuskulatur, Messung der Nervensensibilität (Biothesiometrie) und die Feststellung der Zusammensetzung des Schwellkörpers (über transkutane Messung). Wenn man hier keinerlei Ursachen findet, ist eine psychogene Ursache der Auslöser der Erektionsstörung. Oft treten aber Mischformen auf.

Männer mit leichten organischen Störungen merken, dass die Erektionen nicht mehr so gut sind wie gewohnt, und machen sich darüber Gedanken. Das führt wieder in einen Teufelskreis, sodass die Erektionen noch schlechter werden.

Beim Auftreten von beruflichem Stress kann es auch zu einer hormonellen Dysbalance kommen. Das Stresshormon Cortisol kann das Königshormon des Mannes (Testosteron) nach unten drücken, was u. a. dazu führt, dass Männer über Abgeschlagenheit und Müdigkeit klagen und einen Verlust von sexuellem Verlangen und Aktivität erleben. Das Testosteron ist wichtig, um die glatten Muskelzellen im Penis aufzubauen und zu stimulieren.

Ihrem Mann bleibt leider nichts anderes übrig, als zu einem Arzt seines Vertrauens zu gehen und alle die erwähnten Untersuchungen zu erhalten.