Ingrid Ehlerding richtete einen Schulbauernhof für Großstadtkinder ein, “babyTreff und “mitKids“

"Kinder brauchen emotionale Bindung, eine gesunde Ernährung und müssen ihren Fähigkeiten entsprechend gefördert werden." Das ist die Grundüberzeugung von Ingrid Ehlerding. Die heute 63-Jährige erlebte selbst eine glückliche Kindheit als jüngste Tochter eines Obst- und Gemüsegroßhändlers in Bremerhaven. Aber die Hamburger Stifterin weiß, dass bei vielen Kindern heutzutage die Bedürfnisse auf der Strecke bleiben. Und dann hilft die zweifache Mutter - mit Ideen, Geld und vor allem mit einem großen Herzen.

"Die Ingrid hat Quecksilber im Hintern", befand schon ihre Grundschullehrerin; denn das kleine Mädchen war ideenreich und bewegungsfreudig, hielt aber nicht gar so viel von Schuldisziplin. In ihrem, wie die Tochter heute sagt, "eher bildungsfernen" Elternhaus dachte auch niemand daran, das Mädchen lange zur Schule zu schicken. Dennoch blieb die gute Schülerin bis zur mittleren Reife, ging danach aber nicht in Vaters Betrieb, sondern ließ sich in ihrem Wunschberuf zur Arzthelferin ausbilden. Mit 17 lernte sie dann Karl Ehlerding, Student der Betriebswirtschaft, kennen. Er sollte dereinst Vaters Krabbengroßhandel übernehmen, interessierte sich aber viel mehr für Aktien. 1970 zogen Ingrid und Karl nach Hamburg und heirateten. Ingrid Ehlerding arbeitete im renommierten Pette-Institut: "Wir haben von meinem Geld gelebt", sagt sie rückblickend, "und mussten eben sparen." Aber dann baute Karl Ehlerding mit seinen Firmenbeteiligungen ein Vermögen auf, seine Frau kündigte ihre Stelle - und machte ihr Abitur nach. Zweifelnd fragte damals ihr Mann: "Willst du nicht lieber Tennis spielen?"

Aber die wissbegierige Arzthelferin studierte Geschichte und Politik. "Ich hätte mal lieber Pädagogik und Psychologie studieren sollen", sagt sie mit Blick auf ihren späteren Lebenslauf. Denn mit 32 Jahren wollte sie endlich eine "richtige Familie" haben. Zwei Söhne wurden geboren - "und damit änderte sich wieder alles".

Ingrid Ehlerding entdeckte ihr wahres Betätigungsfeld: Sie gründete eine Spielgruppe und fand schließlich über das Sozialamt eine türkische Familie mit fünf Kindern, die eine soziale Betreuung brauchten. Daraus entstanden neben finanzieller Hilfe fünf Patenschaften, die bis heute bestehen. Und stolz sagt Ingrid Ehlerding: "Alle Kinder haben die Schule besucht, eine Berufsausbildung absolviert und eine Arbeit gefunden."

Ihr Ziel wurde immer klarer: Gutes tun für Kinder. So richteten sie und ihr Mann 1993 den "Ökologischen Schulbauernhof Hof Norderlück" für acht- bis elfjährige Großstadtkinder in Schleswig-Holstein ein. Sechs Jahre später kam das "Erlebnispädagogische Schullandheim Barkhausen" hinzu. Zwölf- bis 16-jährige Schüler werden hier, in den schwierigen Jahren der Pubertät, mit sich selbst und ihren Kräften und Fähigkeiten konfrontiert. Finanziert wird das alles weitgehend aus den Mitteln der "Ehlerding-Stiftung". Aus ihrer eigenen Erfahrung mit den geglückten Patenschaften entwickelte Ingrid Ehlerding 2006 dann das Projekt "mitKids". 60 Paten und Patinnen kümmern sich einmal wöchentlich um ein Kind aus belasteten Familien. "Das ist für beide Seiten ein Gewinn", sagt sie. "Das Kind erlebt, dass seine Bedürfnisse beachtet und erfüllt werden. Die Paten sehen, wie sie einem Kind helfen, sich zu entwickeln und Halt zu finden."

Der "babyTreff" in Eidelstedt ist Ingrid Ehlerdings jüngstes Projekt. Seit 2007 beraten eine Hebamme und zwei Sozialpädagoginnen hier Schwangere sowie junge Eltern. Ingrid Ehlerding sieht sich als Team-Playerin unter ihren 30 Mitarbeitern. Dennoch lenkt sie die Abläufe in den Projekten so freundlich wie bestimmt und ist immer zur Stelle, wenn etwas geregelt werden muss. Anders als ihr Vater, fördert und unterstützt ihr Mann sie heute bei ihren Aktivitäten. "Er ist mein bester Berater und der ruhende Pol in meinem Leben." Und wenn sie zurückschaut auf ihr bisheriges Leben, bekennt sie: "Ich habe früh gelernt, dicke Bretter zu bohren und nicht so schnell aufzugeben. Es gibt immer eine Lösung. Für fast alles."

Heike Mundzeck ist Autorin und Regisseurin. Sie hat mehr als 120 Filme gedreht und lebt in Hamburg.