Unsere Familie weiß einfach nicht mehr weiter: Sven (13) verändert sich auf ungute Weise. Er ist kaum noch wegzubekommen von seinem Computer, es gibt hässliche Szenen, wenn wir es versuchen, seine Schulprobleme nehmen zu, er wird aggressiver, vernachlässigt sogar seinen geliebten Sport. Er driftet ab in für uns fremde Welten, er verliert den Bezug zur Realität. Wie können wir ihm helfen?

Marion D.

Dazu Prof. Dr. R. Thomasius, Ärztlicher Leiter Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes und Jugendalters am UKE:

Seit November 2006 suchen vermehrt Angehörige die UKE-Drogenambulanz auf, die von einem übermäßigen PC-/Internetgebrauch ihres Kindes berichten. Schulprobleme, Vernachlässigung anderer Interessen und sozialer Rückzug der betroffenen Jugendlichen - meist männlich und zwischen 13 und 26 Jahren - sind typische Folgen. Oft schildern Eltern dramatische Szenen aus dem gemeinsamen Alltag sowie Veränderungen im Verhalten und Kontakt ihres Kindes. Die jungen Patienten nutzen Online-Rollenspiele, in aller Regel "World of Warcraft", mit einem Zeitaufwand von 15-80 Stunden in der Woche. Aktivitäten außerhalb der virtuellen Welt sind dann bereits häufig auf ein Minimum reduziert oder völlig aufgegeben worden. Für diese Jugendlichen wurde im UKE das Gruppenprogramm "Lebenslust statt Online-Flucht!" entwickelt. Die Teilnahme setzt eine vorangehende ausführliche psychologische Diagnostik voraus. In Gesprächen mit dem betroffenen Jugendlichen und seiner Familie werden die aktuellen und zurückliegenden Lebensumstände beleuchtet und in einen Zusammenhang mit der suchtartigen Entwicklung gebracht. Aufgebaut auf verhaltenstherapeutischen Grundlagen, bezweckt das strukturierte Behandlungsangebot eine Stärkung sozialer Kompetenzen und die Entwicklung alternativer Freizeitaktivitäten. Ein wichtiges Behandlungsziel ist die Bearbeitung von psychischen und personellen Konflikten. So werden die Teilnehmer angeleitet und motiviert, den problematischen PC-/Internetgebrauch im Zusammenhang mit ihrer persönlichen Lebenssituation zu reflektieren. Der PC-/Internetgebrauch wird von den Teilnehmern reduziert bzw. vorübergehend ganz eingestellt. Erfahrungsgemäß öffnen sich die Teilnehmer im Verlauf des Gruppenprogramms zusehends für eine Konfliktbearbeitung, und die Therapiebereitschaft wächst.

Im Anschluss können die Patienten für weiterführende Hilfestellungen an Kinder- und Jugend-Psychotherapeuten vermittelt werden.