Luftfahrttechnik als Unterrichtsfach: Das Lise-Meitner-Gymnasium kooperiert seit Schuljahresbeginn mit Airbus auf Finkenwerder.

Finkenwerder/Osdorf. Robin hat schon als Knirps mit seinem Opa auf dem Deich gestanden und auf Finkenwerder die Starts und Landungen der Flugzeuge beobachtet. Für den heute 16 Jahre alten Schüler war sofort klar, dass er das Wahlfach Luftfahrttechnik, das das Lise-Meitner-Gymnasium in Osdorf in diesem Schuljahr erstmals anbietet, belegen würde. "Ich wollte schon immer was mit Flugzeugen machen." Als dann die Schule Ende des vergangenen Jahres eine Kooperation mit Airbus auf Finkenwerder beschloss, wuchs Robins Wunsch, irgendwann mal selber ein Flugzeug zu bauen.

Jetzt hatten Robin und seine Mitschüler im Airbuswerk auf Finkenwerder die Gelegenheit, ihre Berufsträume mit der Realität abzugleichen. Einen Vormittag lang ließen sie sich von den Auszubildenden Danila Wischnewski, Christian Adrian und Ausbilder Günther Meyer durch die Airbus-Fertigungshallen führen. Insgesamt 29 Zehnt- und Elftklässler konnten den Produktionsweg einer A320-Rumpfschale über die Montage in der Moving Line bis zum fertigen Flugzeug verfolgen. Glanzpunkte des Besuches: der Anblick eines teils zusammengebauten Superjets A380 in der riesigen Montagehalle und eines auslieferungsbereiten Lufthansa-Megaliner auf dem Airbus-Gelände. "Gigantisch", sagt Fynn. "Es muss ein tolles Gefühl sein zu wissen, an dem Flugzeug mitgebaut zu haben."

Durch die Kooperation zwischen Schule und Unternehmen können die jungen Leute künftig eine bessere Vorstellung von diesem tollen Gefühl bekommen: "Die Schüler können bei uns Praktika machen und erfahren dann real, wie spannend es ist, ein Flugzeug zu entwickeln", sagt Airbus-Ausbildungsleiter Jan Balcke.

Die Schulkooperation ist das Unternehmen übrigens nicht ganz uneigennützig eingegangen. Airbus ist auf junge Menschen wie Robin, die möglichst früh Begeisterung für den Flugzeugbau entwickeln, angewiesen. "Die Flugzeugindustrie ist eine Wachstumsbranche", sagt Balcke. "Der Flugverkehr und die Nachfrage nach Flugzeugen steigt stetig an." Erst in der vergangenen Woche hatte die indische Billigfluggesellschaft Indigo 180 Flugzeuge der A320-Familie bestellt. Die Maschinen werden zum großen Teil auf Finkenwerder gebaut. Airbus ist - auch ohne diesen Auftrag - bis 2016 ausgebucht.

Gleichzeitig erwartet Deutschland in Zukunft einen dramatischen Rückgang an Ingenieuren und Bewerbern in technischen Ausbildungsberufen. "Dem versuchen wir mit den Schulkooperationen entgegenzuwirken", sagt Balcke. Mit Erfolg.

Neben dem Lise-Meitner-Gymnasium pflegt Airbus Partnerschaften mit der Otto-Hahn-Schule in Jenfeld, der Geschwister-Scholl-Schule in Lurup und dem Gymnasium Finkenwerder. Ein Jenfelder Schüler hat nach einem Praktikum einen Ausbildungsplatz als Fluggerätemechaniker bei Airbus bekommen. Die Bewerbungen von zwei weiteren Kooperationsschülern laufen.

Mit speziellen Mädchenpraktika will das Unternehmen zudem verstärkt junge Frauen für die gewerblich-technische Berufsausbildung gewinnen. "Wenn sich Mädchen für Technik interessieren, dann sind sie richtig gut", sagt Balcke. "Mädchen zählen immer zu unseren Top-Azubis." Mädchen wie Diana. Die Zehnklässlerin lernt seit diesem Schuljahr bei Umweltingenieurin Anne-Katrin Schlag, die von Lufthansa Technik als Lehrerin an das Lise-Meitner-Gymnasium ausgeliehen wird, im Schulfach Luftfahrttechnik alles über Bau und Funktion von Strahltriebwerken. Diana ist nach einem halben Schuljahr schon fast eine Expertin, wenn es um Triebwerke geht. Wird sie ihr Interesse zum Beruf machen? Diana zuckt mit den Schultern. "Ich bin mir noch unsicher, was ich nach der Schule machen will. Ich habe ja noch Zeit, darüber nachzudenken", sagt Diana.

Mitschüler Fynn will sich auf jeden Fall nach dem Abi auf Flugzeuginformatik spezialisieren. Azade findet das Berufsfeld Luftfahrttechnik zwar spannend, will aber doch lieber Journalistin werden. Nassim und Frederic können sich vorstellen, was mit Luftfahrt zu studieren. Robin hat nach dem Werksbesuch auf Finkenwerder sein Berufsziel glasklar vor Augen: "Ich werde auf jeden Fall bei Airbus dual studieren", sagt der Zehntklässler selbstbewusst. "Am liebsten Flugzeugbau."