SPD kritisiert Behördenpläne: Geld aus dem Vertretungstopf soll für ältere Lehrer, die eine Stunde weniger arbeiten, ausgegeben werden.

Hamburg. Dass Lehrer im Alter von mehr als 60 Jahren eine Stunde pro Woche weniger unterrichten sollen, finden grundsätzlich alle gut. Diese Altersentlastung kostet rund sechs Millionen Euro pro Jahr. Dass Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) diesen Mehrbedarf mit Geld aus dem Topf für Vertretungsunterricht finanzieren will, kritisiert jetzt die SPD.

"Wird diese Planung umgesetzt, würde das bedeuten, dass künftig noch öfter Unterricht ersatzlos ausfällt", sagt der SPD-Schulpolitiker Ties Rabe. "Die Altersentlastung darf nicht auf Kosten der Schüler umgesetzt werden."

Die Schulbehörde verweist darauf, dass die Schulen das Geld für Vertretungsunterricht nicht voll ausgeschöpft haben. "Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass mehr als 3000 jüngere Lehrkräfte eingestellt wurden und gleichzeitig die Zahl der Pensionierungen gestiegen ist", sagt Behördensprecherin Brigitte Köhnlein. "Junge Kollegen haben verglichen mit den älteren nur die Hälfte der Fehltage."

Außerdem erhoffen sich die Behördenplaner, dass infolge der Stundenentlastung für die älteren Lehrer der Krankenstand dieser Altersgruppe sinkt und insofern weniger Unterricht ausfällt. "Somit kann diese Entlastung über eine Absenkung von Vertretungs- und Organisationsbedarfen im Bestand finanziert werden", hieß es Ende Mai in der Senatsmitteilung an die Bürgerschaft zur Finanzierung der Schulreform.

Rabe hat jedoch mithilfe einer Senatsanfrage herausgefunden, dass die Reste der Mittel für den Vertretungsunterricht an Schulen nicht ausreichen, um die Altersentlastung zu finanzieren. Danach sind zwar im Schuljahr 2008/09 nur rund 14,5 der 25,6 Millionen Euro für Vertretungen ausgegeben worden. Doch im Schuljahr 2009/10 mussten für die Vertretungsstunden bereits 21,6 von 24,7 Millionen Euro aufgewendet werden. "Die Tendenz ist weiter steigend. Da ist kein Geld übrig für die Altersentlastung", sagt Rabe.

Grund für die zunächst geringe Inanspruchnahme der bereitgestellten Mittel für den Vertretungsunterricht ist aus Rabes Sicht, dass die Schulen mit dem damals neuen Finanzierungssystem noch nicht vertraut waren. "Mittlerweile läuft das neue Verfahren aber erheblich besser", so der SPD-Politiker. Die Behörde selbst liefert einen zusätzlichen Grund dafür, dass die Schulen das Budget nicht voll ausschöpfen.

Das neue System überträgt den Schulen die organisatorische Verantwortung für die Vermeidung von Unterrichtsausfall und die Vertretungen und stellt nur den finanziellen Rahmen bereit. Innerhalb der Kontingente können die Schulen nicht ausgegebene Posten "ansparen", um dadurch langfristigen Unterrichtsausfall zum Beispiel infolge von Erkrankungen, Mutterschutz oder Elternzeit auszugleichen.

Rabe fordert den schwarz-grünen Senat auf, daraus die Konsequenzen zu ziehen. "Die Vertretungsmittel sind für den Vertretungsunterricht gedacht und dürfen nicht zweckentfremdet werden", so Rabe. Die Behörde müsse jetzt einen besseren Plan vorlegen, wie sie die Altersentlastung der Lehrer bezahlen will.

Ende 2009 hatte Schulsenatorin Goetsch angekündigt, dass Hamburg dem Beispiel aller anderen Bundesländer folgen und die Stundenreduzierung für ältere Lehrer wieder einführen will. Formal wird die wöchentliche Arbeitszeit der Schulpädagogen um zwei auf 44,57 Stunden abgesenkt. Das entspricht etwa einer Unterrichtsstunde.

Um dieses Lehrkontingent auszugleichen, ergibt sich 2011 ein Bedarf von 102 Lehrerstellen, der bis 117 Stellen (2013) ansteigt. Danach sinkt der Bedarf auf 90 Stellen bis 2016, weil der Anteil älterer Lehrer abnimmt.

Aufgrund der angespannten Haushaltslage hatte der Senat darauf verzichtet, bereits Pädagogen im Alter von 55 Jahren eine Entlastung zu gewähren. Auch ein Modell der Altersteilzeit für Lehrer wird es nicht geben. "In einer Zeit von Sparhaushalten ist eine Altersentlastung für die über 60-Jährigen ein bemerkenswerter Erfolg", hatte Klaus Bullan, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, gelobt.