Die SPD will eigene Vorschläge für einen Konsens machen. An den Schulen ist die Stimmung angespannt.

Jetzt ist es amtlich: Nach sechs zähen Verhandlungsrunden sind die Gespräche über die Einführung der Primarschule zwischen Senat und der Elterninitiative "Wir wollen lernen" gescheitert. Enttäuschung und Erleichterung halten sich die Waage. Zugleich positionierten sich die unterschiedlichen Gruppen gestern für den wahrscheinlichen Volksentscheid. Das Abendblatt dokumentiert die Reaktionen:

SPD-Landeschef Olaf Scholz sagte, die Sozialdemokraten seien bereit, "sich mit dem Senat über Änderungen an der Reform zu verständigen, die eine breitere Zustimmung ermöglichen und doch noch den Weg zu einem parteiübergreifenden Konsens eröffnen". Die SPD werde in den nächsten Tagen dazu eigene Vorschläge vorlegen. Der CDU-Landesvorsitzende Michael Freytag sagte: "Es ist enttäuschend, dass die weitreichenden Angebote von Senat und Regierungsfraktionen von der Initiative ausgeschlagen wurden. Damit ist die große Chance für dauerhaften Schulfrieden in Hamburg verpasst worden." Schwarz-Grün werde den Eltern in Hamburg weiter die Hand reichen, "indem das Schulgesetz an entscheidenden Stellen optimiert wird".

Die GAL-Vorsitzende Katharina Fegebank nannte es "bedauerlich, dass die Initiative offensichtlich nicht an einer Einigung interessiert war. Schüler, Eltern und Lehrer brauchen Planungssicherheit. In diesem Sinn stellen wir uns jetzt für den Volksentscheid auf". Dora Heyenn , Fraktionschefin der Fraktion Die Linke, bezeichnete die Verhandlungen als "trauriges Theater". "Wir begrüßen, dass die schwarz-grüne Regierung deutlich gemacht hat, dass ihr Bildungsgerechtigkeit wichtiger ist als ein zweifelhafter Schulfrieden." Für den Landeschef der FDP, Rolf Salo , steht bei einem Volksentscheid "mit ihrer Bildungspolitik auch die Koalition selbst zur Abstimmung. Der Volksentscheid wird zur Schicksalsfrage von Schwarz-Grün." Aus Sicht von Handelskammer-Präses Frank Horch muss es jetzt um die Sache gehen: "Schulfrieden in langfristiger Verantwortung für Kinder, Eltern und Lehrer muss mit der von uns aufgezeigten Kompromisslösung von allen Beteiligten weiter angestrebt werden, auch wenn es schwierig ist." Josef Katzer , Präsident der Handwerkskammer, nannte es "wesentlich, dass der Senat jetzt verlässliche Qualitätsstandards für die stufenweise Einführung der Primarschule verbindlich zusichert und durch neutrale Experten evaluieren lässt". Außerdem müsse das Elternwahrecht erhalten werden.

Aufatmen gestern bei den Unterstützern der Schulreform. "Wir sind froh, dass die scheibchenweise Einführung der Primarschule vom Tisch ist", sagte Stefanie von Berg von der Elterninitiative Pro Schulreform Hamburg. Professor Jobst Fiedler vom Bündnis "Chancen für alle" meinte: "Wir sehen einem Volksentscheid gelassen entgegen." Eine Mehrheit der Hamburger habe sich immer wieder für längeres gemeinsames Lernen ausgesprochen. Für diese Mehrheit setzen wir uns ein." Der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW, Klaus Bullan , sagte zum Volksentscheid: "Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Scheuerl-Initiative scheitert und der Weg frei ist für längeres gemeinsames Lernen." Frederic Rupprecht von der Schülerkammer nannte das Verhalten der Volksinitiative "hochgradig verantwortungslos" Das Schulchaos im Sommer sei programmiert. Elternkammer-Sprecher Peter Albrecht sagte: "Wir befürchten, dass der Volksentscheid zur Schlammschlacht wird und die Auseinandersetzungen in den Schulen geführt werden. Das darf nicht sein."

An den Schulen herrschte gestern angespannte Stimmung: "Ich hätte mir gewünscht, dass es einen Kompromiss gegeben hätte, der uns erlaubt, unser Profil zu erlauben", sagte der Direktor des humanistischen Gymnasiums Johanneum, Uwe Reimer . Der Leiter der Haupt- und Realschule Tieloh in Barmbek, Gerd Gerhard , sagte: "Ich würde ein Scheitern der Schulreform bedauern." Jetzt sei besonders wichtig, dass die Schulen endlich wieder Ruhe zum Arbeiten bekommen. "Es geht darum, das Zukunftsmodell zu gestalten."