Die frühere Schulsenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) meldet sich mit einem Kompromissvorschlag zur Schulreform in der politischen Debatte zurück. Kernpunkt ihres Vorstoßes: Die Vorschule wird verpflichtend für alle Schüler als erste Klasse der Primarschule eingeführt, die dann bis zum Ende der Klasse fünf läuft.

Es bleibt also, wie von der schwarz-grünen Koalition vorgesehen, bei sechs Jahren des gemeinsamen Lernens - allerdings um ein Jahr vorgezogen. Die Aufteilung auf die weiterführenden Schulformen Stadtteilschule und Gymnasium erfolgt schon nach Klasse fünf und nicht nach Klasse sechs.

Statt nur sechs Jahre besuchen die Schüler das Gymnasium sieben Jahre (Klasse sechs bis zwölf). Die Stadtteilschule dauert von Klasse sechs bis 13. "Mir ist es wichtig, dass eine Lösung gefunden wird, die möglichst ideologiefrei ist", begründet Dinges-Dierig den Vorstoß im Gespräch mit dem Abendblatt. Es gehe darum, dass alle Beteiligten ein Stück ihres Konzepts wiederfinden.

Dinges-Dierig sieht die verpflichtende Vorschule als Chance zu mehr Bildungsgerechtigkeit. "Wir wissen: Je mehr verpflichtende institutionelle Förderung wir den Kindern in diesem Alter anbieten, desto eher schaffen wir es, die soziale Schere zu schließen", sagt Dinges-Dierig. Auf diesem Weg könne es gelingen, die Kinder mit Migrationshintergrund besser einzubinden. Es müsse aber beim Konstrukt der Vorschule mit seinen Elementen spielerischen Lernens bleiben.

Große Investitionsbedarfe sieht Dinges-Dierig nicht. "Die Raumplanungen, die jetzt für die Primarschulen gelten, müssen nicht geändert werden", sagt die Ex-Senatorin. Es bleibe schließlich bei sechs Jahrgangsstufen. Auf der anderen Seite sieht Dinges-Dierig als Vorzug ihres Vorschlags an, dass es keine Probleme mit der Wahl der zweiten Fremdsprache gibt, deren Beginn laut Beschluss der Kultusministerkonferenz in Klasse sechs erfolgen muss - also nach dem Schulwechsel.

Auch beim Streit um das Elternwahlrecht schlägt die frühere Senatorin einen Kompromiss vor. Danach sollen die Eltern weiterhin die Möglichkeit erhalten, die weiterführende Schule beim Übergang nach Klasse fünf zu wählen. Am Ende von Klasse sechs entscheidet dann aber die Lehrerkonferenz abhängig von den Leistungen, ob ein Kind weiterhin das Gymnasium besuchen darf. Das entspricht exakt der bislang gültigen Regelung.

Für die altsprachlichen Gymnasien schlägt Dinges-Dierig eine Sonderregelung vor. Diese Schulen sollen bereits mit Klasse fünf beginnen - also ein Jahr früher als die anderen weiterführenden Schulen. Grund: Nur so werde der bundesweite Standard für das Latinum und Graecum gesichert. Die alten Sprachen seien ein "klares Alleinstellungsmerkmal" dieser Gymnasien, weswegen die Abweichung akzeptabel sei.

Außerdem ist die frühere Senatorin dafür, die sogenannten Langformen beizubehalten. In diesen Schulen - derzeit Gesamtschulen - werden die Kinder zum Teil von Klasse eins bis 10 in einer Klasse unterrichtet. Dinges-Dierig will unter einer einheitlichen Schulleitung eine Primar- und Stadtteilschulen-Stufe einrichten. Das schwarz-grüne Schulgesetz sieht zwei getrennte Schulleitungen vor.

Der Senat hat den Unternehmer Michael Otto beauftragt, in dem Schulkonflikt als Moderator tätig zu werden. Auslöser war der Erfolg der Volksinitiative "Wir wollen lernen", die 184 500 Unterschriften gegen die Schulreform gesammelt hat.