Heute: Susanne Schroeder von der Schule für Hörgeschädigte in Hamburg-Mitte.

Hamburg. Ein Blick, dann hat Susanne Schroeder (35) ihre Schüler im Bann. "Claire, spuckst du bitte das Kaugummi aus?", sagt die Deutschlehrerin noch, während sie ihr Headset aufsetzt. Ohne Lautsprecher geht es nicht in der 10R an der Schule für Hörgeschädigte. Auf dem Smartboard flimmert ein Textauszug aus der Klassenlektüre zum Leben in der DDR. Die Doppelstunde beginnt. "Ihr Auftritt ist gut, sie ist immer aktiv", wird Mustafa (18) später sagen. "Und humorvoll", meint Dervis (16).

An diesem Morgen nimmt die Lehrerin ihre Schüler mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Der Auftrag: Sich mit den Gründen auseinanderzusetzen, die für oder gegen die DDR sprechen. Gar nicht so einfach für die sieben Jugendlichen, die lange nach der Wende geboren wurden. Dazu kommt: "Gerade für Hörgeschädigte ist es schwierig, nur über die Sprache Verständnis zu entwickeln", sagt Schroeder. "Es ist wichtig, dass der Unterricht anschaulich ist." Als Arbeitsgrundlage für die fächerübergreifene Behandlung von DDR und Wende, die im Lehrplan für die 10. Klassen vorgesehen ist, hat Schroeder das Buch "Meine Freie Deutsche Jugend" der Berliner Autorin Claudia Rusch ausgesucht. "Ich finde es sehr interessant, wie es damals war", sagt Sebastian (16).

Deutschunterricht, das ist in dieser 10. Realschulklasse viel Basisarbeit. Susanne Schroeder steht vorn, die Schüler im Halbkreis hinter ihren Tischen um sie herum. Der Blickkontakt ist wichtig. Nur so können die Jugendlichen, die extrem schwerhörig sind und ein Hörgerät tragen, zusätzlich von den Lippen lesen. Jetzt erklärt sie gerade eine Gruppenarbeit. "Der Wechsel ist wichtig. Mein Ziel ist, dass die Schüler selbstständig werden", sagt die Pädagogin, die von sich sagt, Lehrerin sei ihr Traumberuf. Seit 2003 unterrichtet die gebürtige Ostholsteinerin, die in Berlin Schwerhörigen- und Körperbehindertenpädagogik mit der Fachrichtung Sport studiert hat. "Ich habe nach dem Abitur in einem Heim mit geistig Behinderten gearbeitet, da hat es mich gepackt", erzählt die Mutter einer vierjährigen Tochter. Und macht in ihrer freundlichen, direkten Art auch gleich klar: "Ich mache das nicht, weil ich jeden Tag die Menschheit retten will. Mir macht meine Arbeit einfach großen Spaß und erfüllt mich."

Die Schüler sind voll des Lobes: "Eigentlich mag ich nichts außer Sport und Mathe, aber bei dieser Lehrerin macht Deutsch immer Spaß", sagt Edward (15). Dervis meint: "Wenn es langweilig ist, versucht sie immer uns zu motivieren." Auch wenn es um die Vorbereitungen für die nahenden Realschul-Abschlussprüfungen geht. Es falle ihren Schüler schwer, die Feinheiten von Arbeitsaufträgen zu erkennen. "Es ist ja ein großer Unterschied, ob sie etwas ,begründen' oder ,belegen' sollen." Genau darauf kommt es aber oft an, um eine Frage richtig zu beantworten. "Sie sorgt sich um unsere Zukunft", sagt Dervis. Und Alica (15) ergänzt: "Sie ist immer da, auch wenn wir mal Probleme haben." Die 10R hat ihre Lieblingslehrerin für die Deutschlehrer-Aktion vorgeschlagen, nachmittags die Bewerbung ausgetüftelt. "Ich habe nichts geahnt", sagt Schroeder.

Als die Jugendlichen an diesem Schulmorgen über ihren Texte zur DDR brüten, setzt sie sich neben Mustafa (18). "Ich möchte gern mit dir zusammenarbeiten", sagt sie. Der Schüler nickt. Seinen Text will er als Brief schreiben. "Es wäre gut, wenn du ganz einfache Sätze schreibst", sagt sie. "Da machst du weniger Fehler. Der Inhalt ist wichtig." Später meldet er sich zum Vorlesen. Alle nicken, als er fertig ist - und Mustafa strahlt.

Bis Freitag stellen wir jeden Tag einen Finalisten der Aktion "Bester Deutschlehrer" vor. Ab Sonnabend haben Sie die Wahl. Morgen: Christian Klug, Ganztagsgymnasium Klosterschule.