Meine erste Klassenlehrerin hatte ich von der ersten bis zur vierten Klasse. Das verwundert kaum, zumal die Grundschule seinerzeit noch Grundschule hieß und die Klassen eins bis vier umfasste.

Und in den vermutlich meisten Fällen waren die Lehrerinnen auch weiblich. Im Falle von Frau S. konnte (musste?) ich mich davon eines Nachmittags persönlich überzeugen. Ich und Kumpel J. waren bei unserer Klassenlehrerin zu Hause - warum auch immer - und erledigten dort unsere Hausaufgaben. Frau S. nutzte die Zeit für eine Dusche. Ob es nun Absicht, Zufall oder schlicht Gedankenlosigkeit war, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls tauchte bei den Hausaufgaben eine schier unlösbare Frage auf, die dringend nach einer Antwort schrie. Und so riefen wir unsererseits nach Frau S., die Hals über Kopf aus der Dusche stürzte. Fürsorglich wie sie war, verschwendete sie keine Zeit damit, nach einem Handtuch zu greifen. Und so wurde meine erste Klassenlehrerin meine erste bewusst wahrgenommene nackte Frau! (Sorry, Mutti, dass ich dich in diesem Zusammenhang unberücksichtigt lasse).

Einen bleibenden Eindruck hinterließ auch meine zweite Klassenlehrerin. Frau H. brachte zunächst die Stimmung gegen sich auf, als sie statt der in der neunten Klasse obligatorischen Ski-Reise eine Austausch-Klassenfahrt nach England durchsetzte. Im Nachhinein war das durchaus lehrreich. So erfuhren wir, dass die Mundart der Vororte von Liverpool und das kontinentaleuropäische Schulenglisch zwei komplett unterschiedliche Sprachen sind. Wir lernten, dass man Bier auch aus Tetrapak-Tüten trinken, Toastscheiben nur von einer Seite rösten kann und dass selbst seriöse Gastmütter abends ihren eigenen Wodka mit in den Pub nehmen und unter dem Tisch heimlich nachschenken. Doch die eigentlich traumatisierende Wirkung von Frau H. folgte aus einem kleinen Satz, den sie in eines meiner Halbjahreszeugnisse schrieb. Dieser Satz, der - völlig zu Unrecht natürlich - in nicht eben positiver Form mein "pubertierendes Sozialverhalten" beschrieb, wurde fortan bei jeder sich bietenden Gelegenheit im Rahmen der elterlichen Erziehungsmaßnahmen gegen mich verwendet.

"Das hat dir schon Frau H. ins Zeugnis geschrieben!", hieß es dann, wenn einer meiner drei Brüder nicht mit meinem Humor einverstanden war (Sorry, Mutti, hier kann ich dich wirklich nicht unberücksichtigt lassen). Uns so war dann auch meine zweite Klassenlehrerin irgendwie entblößend - für mich!

An dieser Stelle erinnern sich Abendblatt-Redakteure regelmäßig an beeindruckende Erlebnisse in ihrer Schulzeit.

Hinnerk Blombach, Lokalredaktion, besuchte die Grundschule Klein Flottbeker Weg und machte 1990 am Christianeum Abitur.