So viele Autos wie nie standen in Flammen. Schon 117 Pkw wurden in diesem Jahr durch Brandstifter zerstört, allein 19 am Wochenende.

Hamburg. Es gibt kein Muster, keine Regelmäßigkeit, keine bestimmten Zeitfenster, keine klar definierte Gruppe von Verdächtigen, doch die Serie der nächtlichen Autobrandstiftungen in Hamburg hält unvermindert an. Mehr noch: Mit 19 zerstörten Pkws an vier verschiedenen Tatorten hat sie am vergangenenWochenende einen neuen traurigen Rekordwert erreicht. Die Zahl der in diesem Jahr durch mutwillig verursachte Feuer beschädigten oder zerstörten Autos in Hamburg schnellte damit auf 117. So hoch war sie in den vergangenen Jahren zu diesem Zeitpunkt im Jahr noch nie - dabei war sie zuletzt regelmäßig und zum Leidwesen Hamburger Autobesitzer von Jahr zu Jahr deutlich gestiegen.

Innensenator Michael Neumann (SPD) will nun eine Offensive gegen Autobrandstifter starten. Voraussichtlich in dieser Woche sollen ihm führende Polizeibeamte ein Konzept zur Verhinderung und Aufklärung entsprechender Taten vorlegen.

Danach will der Senator gemeinsam mit der Polizeiführung ein Maßnahmenpaket schnüren. Aus Polizeikreisen heißt es, die Zahl der sogenannten Gefährderansprachen im Umfeld von Tatorten solle deutlich erhöht werden. Heißt: Wann immer in einem Quartier Autos brennen, müssen bereits polizeibekannte Personen mit einem Besuch und Fragen der Ermittler zu ihrem Aufenthaltsort zur Tatzeit rechnen. Auch die Strukturen von Jugendgruppen im Umfeld sollen durchleuchtet werden - auch um zu vermeiden, dass das Anzünden von geparkten Autos eine Art "Coolness-Faktor" bekommt.

Die jüngsten Taten ereigneten sich in Rothenburgsort, Osdorf, Lurup und Marienthal. Unbekannte zündeten in der Rothenburgstraße (Rothenburgsort) sieben Autos an. An vier daneben abgestellten Autos entstanden Hitzeschäden. Gefasst wurden die Täter nicht. Im Schafgarbenweg in Osdorf gingen fünf Autos in Flammen auf, ein Wagen wurde beschädigt. Obwohl die Besatzungen von 20 Streifenwagen sich an der Fahndung beteiligten, entkamen die Täter. Am Kleiberweg (Lurup) bemerkten Autofahrer Feuerschein an einem Lastwagen. Sie konnten das Feuer löschen.

Und in der Rantzaustraße in Marienthal meldeten Anwohner einen brennenden VW Polo. Der dahinter geparkte BMW brannte im Kühlerbereich an. In diesem Fall scheint es, als seien die Täter identifiziert: Bei der Fahndung fielen Polizeibeamten zwei 18 und 19 Jahre alte Männer auf, die Diebesgut aus Autoaufbrüchen bei sich, Streichhölzer in den Taschen und Rußspuren an den Händen hatten. Sie wurden noch in der Nacht vernommen.

Senator Neumann hat das Thema der brennenden Autos auf seine Prioritätenliste gesetzt. Im Zusammenhang mit einer Brandstiftung, die in einem Carport an einem Wohnhaus verübt worden war, sprach er von "lebensgefährdender Kriminalität". Dem Abendblatt sagte Neumann gestern: "Natürlich kann es bei der großen Zahl von Autos, die es in Hamburg gibt, keinen flächendeckenden Schutz geben. Aber wir werden alles daransetzen - personell, technisch und konzeptionell -, die Täter zur Verantwortung zu ziehen."

André Schulz, Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, sagt: "Autobrandstiftungen gab es immer. Was in Hamburg deutlich angestiegen ist, sind die Taten, bei denen Vandalismus die Brandursache ist." Den Tätern gehe es um das Ausleben von Gewalt, Randale und das Vorführen des Staates. Dabei, so Schulz, "vergessen die Täter oft, dass das Anzünden von Fahrzeugen ein Verbrechen darstellt. So eine Tat kann eine Haftstrafe sowie zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen. Manch junger Mensch verbaut sich so seine gesamte Zukunft."

Innensenator Neumann wird voraussichtlich nicht alle Details des verfeinerten Polizei-Konzepts öffentlich bekannt geben. Neumann: "Ich will Erfolge präsentieren, nicht Konzepte. Die potenziellen Täter sollen doch nicht wissen, wie wir sie verfolgen werden."