300 Autonome griffen die Polizei mit Steinen und Flaschen an. Es gab vier Festnahmen und 14 Platzverweise. 15 Polizisten wurden verletzt.

Hamburg. Lange sah es danach aus, als würden diejenigen, die zuvor "gegen Polizeigewalt und Repression" demonstriert hatten, den Sonnabend ohne weitere Provokationen ausklingen lassen. Das hätte der aufgeregten Diskussion um die Zukunft der Roten Flora, aus deren Reihen die Anmelder der Demonstration stammten, sicher Brisanz genommen. Und den Forderungen der "Rot-Floristen" mehr Gehalt gegeben.

Doch es scheint ein fast zwangsläufiger Reflex, dass linksautonome Veranstaltungen im Schanzenviertel irgendwann in einem Stein- und Flaschenhagel, in der gesuchten Auseinandersetzung mit der Polizei enden.

15 verletzte Beamte, vier Festnahmen, zwei Gewahrsamnahmen, 14 Platzverweise und eine "entglaste" Haspa-Filiale sind das Ergebnis der gewalttätigen Nacht zu Sonntag. Allerdings reichten die Intensität der Ausschreitungen und die Aggressivität der Randalierer an diesem Wochenende nicht an die Auseinandersetzungen zum 1. Mai oder zum Schanzenfest des vergangenen Jahres heran.

Bereits gegen 15.45 Uhr hatten sich am Sonnabendnachmittag knapp 1000 Linke vor dem Pegelturm an den St.-Pauli-Landungsbrücken versammelt und waren dann in einem knapp 100 Meter langen Aufmarsch durch die Hamburger Innenstadt gezogen. Anlass der Demo mit dem Motto "Lost in repression - gegen jede Repression und Polizeigewalt" war der neunte Todestag eines linken Demonstranten, der während der Ausschreitungen zum G-8-Gipfel in Genua von einem Polizisten erschossen worden war.

+++ SO KRIMINELL IST IHR STADTTEIL +++

Auf seinem Weg über die Reeperbahn, Budapester Straße und das Schulterblatt blieb der Aufzug weitgehend friedlich, nur vereinzelt wurden Flaschen geworfen. Der Weg wurde von zahlreichen Polizeikräften samt Wasserwerfern gesichert. Die hiesige Polizei hatte sich dazu Verstärkung aus Berlin, Sachsen und Bayern geholt. Entlang der Strecke wurden mehrere Zwischenkundgebungen abgehalten, so auch vor der Roten Flora, auf deren Flachdach mehrere Vermummte als Zeichen ihres Protestes Leuchtfeuer und Silvesterraketen zündeten. Die Demonstration wurde wenig später am S-Bahnhof Sternschanze für beendet erklärt und löste sich zunächst friedlich auf.

Zu den bereits im Vorfeld befürchteten Krawallen kam es erst Stunden später: Eine halbe Stunde vor Mitternacht versammelten sich knapp 300 linke Randalierer auf dem Schulterblatt, zündeten Böller, warfen Steine, Müll und einen Einkaufswagen in die Scheiben der Sparkassen-Filiale. Auf der Stresemannstraße wurden Müllbeutel angezündet. Die Polizei stürmte daraufhin mit mehreren Hundertschaften auf das Schulterblatt, wo sie von den Randalierern mit Steinen und Flaschen beworfen wurden.

Die mittlerweile erprobten Bereitschaftspolizisten brachten die Situation schnell unter ihre Kontrolle. Allerdings hatte es den Eindruck, als wären sie für die mitternächtliche Lage im Schanzenviertel etwas unterbesetzt, die Einsatzleitung hatte zu diesem Zeitpunkt die meisten Einheiten bereits nach Hause geschickt. Entsprechend wurden mehrere Wasserwerfer zurück ans Schulterblatt beordert, die aber dann doch nicht mehr zum Einsatz kamen und am Heiligengeistfeld auf das Ende der Auseinandersetzungen warteten.

Noch bis 5.30 Uhr spielten etwa 60 Autonome das üblich gewordene Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei, bis im Schanzenviertel wieder Ruhe einkehrte. Zwölf Polizisten mussten medizinisch versorgt werden, weil sie von Flaschen getroffen worden waren, drei weitere erlitten Rauchgasvergiftungen. Keiner der Beamten wurde schwer verletzt, allerdings wurden vier - auch zur weiteren Beobachtung - in nahe Krankenhäuser gebracht.

Wie die SPD gestern ankündigte, werden die erneute Randale im Schanzenviertel und die nicht abreißende Serie von Brandanschlägen in Hamburg (siehe oben) ein parlamentarisches Nachspiel haben. Der SPD-Innenexperte Andreas Dressel kündigte eine Senatsanfrage hierzu an.

"Wieder Randale im Schanzenviertel mit verletzten Polizisten und wieder viele brennende Autos in der Stadt ohne Fahndungserfolg - die bittere Bilanz des Wochenendes unterstreicht kurz vor dem Ende der Amtszeit des Innensenators, dass Ahlhaus bei vielen der innenpolitischen Baustellen gescheitert ist", sagte Dressel. Wer immer aus der CDU als Nachfolger "ausgekungelt" werde, trete ein schweres Erbe an. "Das geplante Schanzenfest im September wirft schon jetzt seine Schatten voraus. Das wird die erste Bewährungsprobe für den Ahlhaus-Nachfolger."