Nachdem ein Randalierer in Ohlsdorf bei einem Polizeieinsatz getötet wurde, soll geklärt werden, ob der Beamte in Notwehr gehandelt hat.

Hamburg. Nachdem ein Randalierer am zweiten Weihnachtstag in Ohlsdorf bei einem Polizeieinsatz erschossen wurde, soll nun geklärt werden, ob der Beamte in Notwehr gehandelt hat. "Wir haben ein Vorermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung eingeleitet", sagte Bernd Mauruschat von der Staatsanwaltschaft Hamburg. Dies geschehe immer dann, wenn bei einem Einsatz der Dienstwaffe jemand ums Leben kommt. Dabei prüfen die Ermittler, ob der 32 Jahre alte Beamte zu Recht zu der Annahme gekommen war, dass eine Notsituation vorlag.

Wie berichtet, hatte der Polizist den 38 Jahre alten Dirk P. am Sonnabend mit drei Schüssen getötet. Ein Projektil traf den laut Polizeiangaben psychisch kranken Mann am Arm, zwei weitere im Oberkörper. Zu dem tragischen Polizeieinsatz war es gekommen, nachdem P. seit 2 Uhr nachts in seiner Wohnung am Carpserweg randaliert hatte. Die entnervten Nachbarn hatten zunächst dessen Mutter informiert. Doch nachdem sie ihren Sohn nicht beruhigen konnte, rief sie die Polizei.

Auch der ersten Streife gelang es nicht, das Wüten des Mannes zu beenden. Weil Dirk P. unablässig randalierte, riefen die Beamten Verstärkung. Schließlich versuchten sie mit einem Zweitschlüssel, die Wohnungstür zu öffnen. Aber diese hatte der 38-Jährige blockiert.

Kurz darauf trat einer der Beamten die Tür ein und sah sich dem, wie sich da herausstellte, nach eigenen Angaben mit zwei Messern bewaffneten Dirk P. gegenüber. Laut Polizei seien die Beamten angegriffen worden. Selbst als diese sich mit Pfefferspray zur Wehr setzten, stoppte er nicht. Der 32 Jahre alte Polizist zog seine Waffe und gab die drei Schüsse auf den Mann ab. Er starb noch in der Wohnung.

Nach den ersten Ermittlungen der Mordkommission passe die geschilderte Notwehrsituation zu dem Spurenbild, sagte Polizeisprecher Ralf Meyer. Es handele sich um eine enge Räumlichkeit, in der es keine andere Möglichkeit gab, sich selbst, die Kollegen oder möglicherweise das Leben von Nachbarn zu schützen. "Es ist sehr tragisch, wenn dabei ein Mensch ums Leben kommt", sagte Meyer. "Aber wir erwarten, dass die Beamten so handeln, um das Leben Dritter zu retten." Er könne daher kein Fehlverhalten des Polizisten erkennen. Dieser hat sich unterdessen freigenommen und wird von Psychologen betreut, um den tödlichen Einsatz zu verarbeiten. Er soll in den kommenden Tagen seinen Dienst wieder aufnehmen.

Für das Mobile Einsatzkommando (MEK), das in gefährlichen Situationen eingesetzt wird, habe es keine Veranlassung zum Einsatz gegeben. "Allein in diesem Jahr ist die Polizei in Hamburg zu rund 11 000 Einsätzen mit randalierenden Personen gerufen worden", sagte Meyer. "Wir können deshalb nicht jedes Mal das MEK einsetzen."

Unterdessen hat SPD-Innenexperte Andreas Dressel eine Anfrage an den Senat gestellt. Er will klären lassen, was die Behörden über den psychischen Zustand des 38-Jährigen wussten. "Es müsse klar werden, ob der Polizei alle behördlichen Informationen vorlagen, als sie in diesen Einsatz ging. Dies müsse auch für die Zukunft aufgearbeitet werden, um alle Chancen zu nutzen, solche tragischen Eskalationen zu vermeiden."