Aus Frust über die Trennung von seiner Partnerin hätte Ralf H. seine betagte Mutter fast getötet.

Hamburg. Er schlug seine Mutter grün und blau, beinahe hätte er sie zu Tode geprügelt. "Ich schlage dich tot, ich schlage dir den Schädel ein", schrie Ralf H. (55), als er mit einem Baseballschläger auf die zierliche Frau (74) eindrosch. Wieder und wieder. Die Richterin am Amtsgericht Barmbek, wo sich Ralf H. gestern wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten muss, ist entsetzt: So etwas habe sie noch nicht erlebt.

Sie listet mehr als 20 Verletzungen auf, darunter ein Bruch der linken Kniescheibe und eine Schädelprellung. Überall Hämatome, der Körper der alten Dame: eine einzige Wunde. Fast einen Monat verbrachte Marion Luise H. im Krankenhaus. "Ihre Mutter muss einen Schutzengel gehabt haben. Dass sie noch unter uns ist, grenzt an ein Wunder", sagt die Richterin mit Blick auf den Angeklagten.

Der kleine, hagere Mann - schulterlange, graue Haare, Vollbart, St.-Pauli-Schal - räumt die Tat ein. Seine Partnerin hatte sich nach 22 Jahren im Sommer von ihm getrennt, danach kam er bei seiner Mutter unter. Nachdem Marion Luise H. am 11. August mit seiner Ex-Freundin telefoniert hatte, warf sie ihm vor, er kriege sein Leben nicht auf die Reihe. "Sie hörten nicht, was Sie hören wollten. Da brannte eine Sicherung durch. Oder besser: ein ganzer Sicherungskasten", sagt der Staatsanwalt.

Ein Nachbar des Opfers, Murat K., beobachtete den Angriff. "Ich bin durch die Schreie aufgewacht", sagt er. Wohl "um die 20 Minuten" habe ihr Martyrium gedauert. Er wollte ihr zu Hilfe eilen, sah noch, wie sich die blutüberströmte Frau mit letzter Kraft die Treppe hochschleppte.

Der Staatsanwalt spricht von einer "erschreckenden Gefühllosigkeit", einer "beispiellosen Brutalität". Sein Mandant habe damals erkannt, dass sein Leben ein Scherbenhaufen ist, sagt indes der Verteidiger von Ralf H. Keine Ausbildung, keine Arbeit, immer wieder Alkoholexzesse. Hinzu kam der Trennungsfrust.

Marion Luise H. hat mit ihrem Sohn nicht über die Tat gesprochen. Sie wolle gar nicht wissen, sagt sie am Rande des Prozesses, warum er mit dem Baseballschläger auf sie eindrosch, dabei auch ihren Kopf traf. In ähnlichen Fällen wird Angeklagten dafür wegen versuchten Totschlags der Prozess gemacht. Sie wolle "einfach nur vergessen", sagt die betagte Dame mit brüchiger Stimme. Deshalb wolle sie auch nicht als Zeugin aussagen.

Weil Ralf H. bei der Tat betrunken war, erkennt das Gericht auf verminderte Schuldfähigkeit und verurteilt den nicht vorbestraften Mann zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung. Er trinke nun weniger Alkohol, wohne in einem Männerwohnheim, sagt Ralf H., und nuschelt. "Man sieht ja, was beim Trinken herauskommt."

Nach dem Prozess ist eine bizarre Szene zu beobachten: Marion Luise H. läuft voraus, ihr Sohn folgt im Abstand von wenigen Metern. Einige Minuten geht das so. Sie reden kein einziges Wort miteinander. Wie zwei Fremde.