Das Gericht spricht von ausgeprägten Persönlichkeitsdefiziten und empfiehlt dem Täter daher eine Therapie.

Hamburg. Sechseinhalb Jahre soll Alexander E. hinter Gitter - allzu betrübt scheint er über das Urteil des Hamburger Landgerichts nicht zu sein. Der frühere Topmanager ballt seine Hand zur Siegerfaust und frohlockt. Kein Wunder: Mit der Strafe ist das Gericht deutlich unter dem Antrag der Anklage geblieben, die zehneinhalb Jahre Haft für den 42-Jährigen gefordert hatte.

Am Ende überwiegen für das Gericht die strafmildernden Aspekte. Zwar ist die Kammer überzeugt, dass Alexander E. seinen früheren Geliebten, einen thailändischen Callboy, töten wollte, dass er ihn zudem genötigt, bedroht, vergewaltigt und schwer verletzt hat. Doch geplant oder gezielt vorbereitet habe er die Messer-Attacke auf den 32-Jährigen nicht. "Der Tatentschluss ist erst während der Konfrontation entstanden", sagt der Richter. Zudem berücksichtigte die Kammer die gravierenden "Persönlichkeitsdefizite" des teilgeständigen Angeklagten. Er habe starke narzisstische Züge, sei durch ein "anderes dominierendes Wesen" geprägt und neige zur Selbstüberhöhung. Auf G. sei er "psychisch und emotional" regelrecht "fixiert" gewesen.

Wie seinen Besitz habe E. den zierlichen Thailänder betrachtet. Mitte 2007 hatte der Manager den Callboy in einem Bordell kennengelernt. "Er sollte ihnen buchstäblich um jeden Preis zur Verfügung stehen", sagt der Vorsitzende. Und dafür habe E. erhebliche Mittel eingesetzt. Fast 150 000 Euro investierte er in die Affäre, er überhäufte Suttichai G. mit Geschenken und Bargeld, verließ für ihn sogar Frau und Sohn (6). Als "Toy" (Spielzeug), wie er ihn nannte, die Beziehung beendete, drehte er durch. "Systematisch" habe er seinem Ex nachgestellt. In Würzburg, wo G. in der Wohnung eines Freundes untergetaucht war, bedrohte er ihn erst mit einer Brechstange und einem Messer, bevor er ihn vergewaltigte. Zwei Wochen später schlug er sein Opfer auf offener Straße nieder. Verängstigt flüchtete G. zu einem Bekannten nach Hamburg, doch auch hier spürte ihn E. auf. Tagelang irrte er durch die Hamburger Schwulenszene, bis er G. zufällig in einem Klub entdeckte. Er folgte seinem Ex und bedrängte ihn. Als G. um Hilfe rief, stach er sechsmal zu.

E. versuchte dann zweimal, zu seinem schwer verletzten Opfer im Krankenhaus vorzudringen. Vergeblich, die Polizei hatte ihn abgeschirmt. Wollte E. ihn dort töten? Diesen Vorsatz konnte ihm das Gericht nicht nachweisen. "Wir gehen aber nicht davon aus, dass Sie aus Sorge um ihr Opfer dort aufkreuzten und sich dann melodramatisch am Krankenbett verhaften lassen wollten", sagt der Vorsitzende.

Noch heute leidet G. unter Angstzuständen. E. muss nun 30 000 Euro Schmerzensgeld an ihn zahlen. Seinem Peiniger indes empfiehlt der Vorsitzende dringend eine Therapie.