Fünfmal fragt der Richter nach. “Verstehen Sie mich?“ Doch die Frau versteht nicht - weil sie nicht kann oder weil sie nicht will.

Hamburg. Das eine mag ihrem hohen Alter und ihrer eingeschränkten Hörfähigkeit geschuldet sein - das andere ihrer nicht auszuschließenden Abgebrühtheit. Denn die 86-Jährige aus Geisenheim (bei Wiesbaden) hat einiges auf dem Kerbholz: Sechs Vorstrafen hat die ebenso hochbetagte wie offenbar hochkriminelle Dame bereits kassiert. Sie betrog, unterschlug, stahl. Zuletzt saß sie 2002 zehn Monate ein - mit 79 Jahren.

Seit gestern steht Dr. Angela F., früher Heilpraktikerin, wegen versuchten Scheckbetrugs vor dem Amtsgericht. Der Vorwurf: Sie soll zusammen mit Heiko P. (43) versucht haben, die HypoVereinsbank mit einem falschen Scheck zu betrügen. Auf Initiative von Angela F. legte P. einen auf ihren Namen ausgestellten Scheck über 2,4 Millionen Dollar in der Bankfiliale Alter Wall vor. Dabei flog der Schwindel auf. Ein Angestellter fand heraus, dass die US-Bank, von der das Papier stammt, seit Jahren nicht mehr existiert.

"Das Geld war für den Aufbau eines Pflegeheims bestimmt", sagt Angela F. Sie spricht von Architekten, die sie gedrängt hätten, von dubiosen Mittelsmännern, von Zürich, Houston, Berlin, München, Skopje - alles Städte, die irgendwie irgendwas mit dem Fall zu tun haben sollen. Zunächst hätten zwei Bekannte versucht, den Scheck in Skopje (Mazedonien) einzulösen. Ohne Erfolg. Ihre Freunde baten dann den arbeitslosen Heiko P., den Angela F. nicht einmal gekannt haben will, das Geld in Hamburg einzutreiben. "Warum haben Sie den Scheck nicht selber eingelöst?", fragt der Richter, dringt aber nicht durch. Angela F. redet einfach weiter. Sie habe nie an der Echtheit des Schecks gezweifelt. Wie und wofür sie ihn erhielt, ist unklar. Das FBI ermittelte, dass es den Aussteller gar nicht gab.

Bereits im Juni hatte das Amtsgericht Angela F. in Abwesenheit für den simplen Betrugsversuch zu einer einjährigen Bewährungsstrafe, ihren mutmaßlichen Komplizen P. zu einer Geldstrafe verurteilt. Sie fehlte damals: Ihr Sohn, ein wohlhabender Laborarzt aus Wiesbaden, hatte sie nach einem Hörsturz für "reiseunfähig" erklärt. Doch Angela F. legte Einspruch gegen den Strafbefehl ein. "Das hätte ich mir nicht träumen lassen. Wir wollten Ihnen angesichts Ihres Alters und der Vorstrafen eine Brücke bauen", sagt der Vorsitzende und appelliert: "Sollten wir nicht Vernunft walten lassen?" Doch die alte Dame beharrt darauf, "nichts Schlechtes" getan zu haben.

Sie hakt sich bei ihrem Verteidiger unter und tippelt aus dem Gericht. Die gleißende Sonne blendet sie. Heute prüft ein Arzt auf Anordnung des Vorsitzenden ihre Verhandlungsfähigkeit.