Die groß angekündigte Kundgebung der rechtsradikalen NPD am Berliner Tor geriet am Freitagabend zur Farce. Nur knapp 90 rechte Anhänger warteten am - von einem massiven Polizeiaufgebot abgesperrten - Berliner Tor gelangweilt auf den Landesvorsitzenden Jürgen Rieger. Der jedoch war zusammen mit dem Rechtsextremisten Thomas Wulff, der die Kundgebung angemeldet hatte, im VW Bully vor Gegendemonstranten geflüchtet, nachdem er erkannt und mit Steinen beworfen worden war.

Wulff und Rieger irrten eine halbe Stunde lang durch die Stadt, bevor sie die Veranstaltung erreichten. Der Widerstand gegen die NPD-Kundgebung, mit der die Rechten gegen das an diesem Sonnabend geplante Schanzenfest demonstrieren wollten, war gewaltig: 2700 Menschen protestierten schon am Freitagnachmittag gegen den Aufmarsch der Rechten. Am Anfang waren nur rund 800 Demonstranten dem Aufruf des "Hamburger Bündnisses gegen Rechts" (HBgR) gefolgt: Sie kamen bereits zur Auftaktkundgebung am Hauptbahnhof. Dort forderten mehrere Redner ein Verbot der rechtsradikalen Partei. Dann zog der Zug, dem sich immer mehr Menschen anschlossen, friedlich durch die Innenstadt.

Unterdessen versammelten sich am späten Nachmittag Hunderte linke Autonome rund um die Polizeiabsperrungen an den Straßen Beim Strohhause, Berlinertordamm und Berliner Tor. Polizei und Bundespolizei, die mit fast 1700 Beamten aus mehreren Bundesländern im Einsatz waren, hatten alle Hände voll zu tun, beide Lager voneinander zu trennen. Immer wieder versuchten Autonome, die Polizei zu überrennen und die NPD-Kundgebung zu sprengen.

Die Polizei betonte, die Lage zu jeder Zeit im Griff gehabt zu haben. Dennoch: Ein Bagger brannte, Wahlplakate und Mülleimer wurden angezündet. Auf der Spaldingstraße türmten sich brennende Barrikaden. Als eine Streifenwagenbesatzung am Steindamm mit Steinen und Gehwegplatten beworfen wurde, gerieten die Beamten so sehr in Bedrängnis, dass sie Warnschüsse abgeben mussten, um sich zu schützen. Mehrere Polizisten wurden im Laufe des Abends leicht verletzt. Die Beamten setzten Wasserwerfer und Schlagstöcke ein, nahmen mehrere Randalierer fest und in Gewahrsam. Die Bundespolizei sperrte zudem für eine halbe Stunde den S-Bahn- und Fernverkehr am Berliner Tor. Dort waren Gegendemonstranten auf die Gleise gelaufen.

Um kurz nach 21.30 Uhr wurde die NPD-Kundgebung von der Polizei beendet, woraufhin sich die Gruppen schnell auflösten.

"Wenn das die Vorboten für das Schanzenfest sind, dann müssen wir uns am Sonnabend auf einiges einstellen", warnt Joachim Lenders, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft Hamburg.

Kurz vor der NPD-Kundgebung hatte - in zweiter Instanz - auch das Oberverwaltungsgericht den Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger als Veranstaltungsleiter abgelehnt. Wie berichtet, hatte die Versammlungsbehörde der Polizei Rieger bereits vor einer Woche als ungeeignet eingestuft. "Das Urteil zeigt, dass unsere Rechtsdeutung richtig war", kommentiert Polizeisprecher Ralf Meyer die Entscheidung. Für Rieger sprang Thomas Wulff als Veranstaltungsleiter ein.