Der 54 Jahre alte Lothar L. hat das Mädchen in einem Bürogebäude in der City sexuell missbraucht.

Hamburg. Glockenhell klingt die Stimme, die aus den Lautsprecherboxen kommt. Die Stimme eines kleinen Mädchens. Ein Kratzen, ein Schaben, dann tönt ein Mann. "Willst du Geld verdienen?" Es ist etwas zu hören, das wie ein Stöhnen oder ein Schnauben klingt. "Das gefällt dir", sagt der Mann. "aber du musst lernen zu gehorchen."

+Beweisaufnahme in Saal 390 des Hamburger Landgerichts. Die Kammer lässt sich auf einem Laptop Videos vorspielen. Kurze, abscheuliche Filme, die der Angeklagte Lothar L. mit seinem Handy gemacht hat. Von seinem Opfer Petra (Name geändert), neun Jahre alt. Die Prozessbeteiligten, die sich um das Gerät scharen, versperren den Zuschauern die Sicht - wie ein Vorhang, der sich gnädig herabgesenkt hat.

Seit gestern steht der 54-Jährige erneut wegen Vergewaltigung und schweren Kindesmissbrauchs vor Gericht. Er trägt ein weißes T-Shirt, hat einen Bauchansatz und eine Halbglatze - ein alternder Durchschnittstyp, der bereits 1987 und 2002 für Sexualdelikte verurteilt worden ist.

Vor Gericht will er alles gestehen. Aber versteht er auch, was ihm zur Last gelegt wird? Er redet wie jemand, der die Kasse seines Skat-Klubs geplündert hat und dafür Buße tun will. Er wolle "reinen Tisch machen" und "geradestehen" für seine Untaten, sagt er und legt Wert auf die Feststellung, "dass mich Petra nie sexuell provoziert hat" - als käme einer Neunjährigen so etwas überhaupt in den Sinn.

Dann erzählt er, wie er die Kleine zwischen Sommer 2008 und März 2009 missbraucht hat. Wie er sie vergewaltigt und wie er sie gezwungen hat, ihn oral zu befriedigen und aufreizend vor ihm zu posieren. Da musste sie auch Frauenwäsche tragen, BH und Tangas. Er fand das "schick".

Kennengelernt hat der reife Mann das kleine Mädchen in Rothenburgsort. Ganz vernarrt gewesen sei sie in seine Hunde, sie habe schnell Vertrauen zu ihm gefasst. "Ich wurde zu ihrem Kumpel." Petras Mutter kannte er bereits aus dem Kindergarten, in dem auch sein Stiefsohn war. Ihre Eltern hätten ihm vertraut. So sehr, dass er im Sommer sogar mit Petra, seiner Lebensgefährtin und seinem Stiefsohn Urlaub auf Föhr machte. Als er Petra zu sich auf die Arbeit einlädt, schöpft niemand Verdacht.

Als Hausmeister hat Lothar L. in einem Bürogebäude in der City gearbeitet. Ein Zimmer hatte er sich dort eingerichtet, im siebten Stock. Mit Schränken, Kühlschrank, Dusche - und einer Luftmatratze. Zum Übernachten, wenn es mal wieder spät wird. An jenem Spätsommertag lockt er das Mädchen mit den Worten "Lass uns einen Film gucken" nach oben. Warum sollte sie ihm misstrauen?

Es bleibt nicht bei einem Missbrauch. Als sie ihn einmal anfleht, ob sie nicht lieber spielen könnten, sei ihm klar geworden, "dass das unangenehm ist, was ich ihr antue". Er hört trotzdem nicht auf. Selbst als er sich bereits an Petra vergeht, lässt er sich von ihren Eltern noch zum Kaffeetrinken einladen. L. fühlt sich sicher. Bis ein Arbeitskollege zufällig die Bilder auf seinem Handy entdeckt und ihn anzeigt.

Vor Gericht gibt L. den reuigen, geständigen Täter. Es ist seine Chance, das Strafmaß zu reduzieren. Im Raum steht indes noch eine Sicherungsverwahrung auf unbestimmte Zeit. "Davor hat er am meisten Angst", sagt seine Anwältin. Zudem hat die Staatsanwaltschaft, unabhängig vom Prozess, ein weiteres Verfahren gegen ihn eingeleitet - ebenfalls wegen sexuellen Missbrauchs. Am Donnerstag wird der Prozess fortgesetzt.