Experte vermutet Zusammenhang mit Schanzenfest oder G8-Gipfel. Staatsschutz wartet auf Bekennerschreiben.

Es ist 3.01 Uhr, als in der Alarmzentrale die Meldung "Mengestraße brennt Pkw" eingeht. Noch geht die Feuerwehr von einem Routineeinsatz aus. Noch. Doch dann folgt innerhalb der nächsten zehn Minuten eine Meldung auf die andere. Um 3.03 Uhr erscheint "Taxusweg brennt Pkw" auf den Bildschirmen im Lagezentrum. Um 3.05 Uhr folgt die Meldung über einen brennenden Wagen an der Wiesenstraße. Im Zwei-Minuten-Takt geht es so weiter - bis um 3.10 Uhr insgesamt neun Autos in Eimsbüttel, Altona, Othmarschen, Rotherbaum und Wilhelmsburg in Flammen stehen. Am Taxusweg greift das Feuer zudem auf ein Haus über. Fensterscheiben zerplatzen. Eine Familie wird rechtzeitig gerettet.

Eine Anschlagsserie sondergleichen erschüttert die Stadt in der Nacht zu Donnerstag. Das Ergebnis: An sechs Orten werden vier teure Privatwagen, zwei Dienstfahrzeuge von Werbeagenturen und drei VW Caddys der Deutschen Post zerstört. Es trifft unter anderem einen Porsche 911 Carrera, einen Porsche Cayenne und einen Audi TT. An der Straße Durchschnitt (Rotherbaum) brennt ein Mercedes der Werbeagentur Jung von Matt. Der Gesamtschaden beläuft sich auf mindestens 400 000 Euro.

Die Polizei geht von einem politischen Hintergrund aus. Die Staatsschutzabteilung im Landeskriminalamt führt die Ermittlungen. Ob es einen Zusammenhang zum bevorstehenden Schanzenfest gibt, will Polizeisprecher Ralf Meyer nicht bestätigen. "Bislang haben wir dafür keine Hinweise." Man warte nun auf ein Bekennerschreiben. Joachim Lenders, Hamburg-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, äußert zwei Vermutungen: Die Anschläge seien eine "Grußbotschaft von Linksautonomen" vor dem Schanzenfest oder eine Protestaktion gegen den bevorstehenden G8-Gipfel in Italien. Drohen Hamburg jetzt Verhältnisse wie in Berlin (siehe Text rechts)?

Es ist nicht das erste Mal, dass Fahrzeuge der Post beschädigt werden. Im März brannten fünf Kleintransporter. In einem Bekennerschreiben nannten die Täter das Engagement der Post-Tochter DHL für die Bundeswehr als Motiv. Auch die im Karolinen-viertel ansässige Werbeagentur Jung von Matt trifft es nicht das erste Mal. Nach einem Brandanschlag 2005 auf zwei Autos des Geschäftsführers Holger Jung äußerten die Täter ihren Ärger über die "Du bist Deutschland"-Kampagne des Werbers in einem Bekennerschreiben.

Laut Zeugen waren es in der Nacht zu Donnerstag kleinere Personengruppen, die die Fahrzeuge anzündeten. Sie sollen Kanister mit Brandbeschleuniger bei sich gehabt haben. Hinweise nimmt die Polizei unter Tel. 428 65 67 89 entgegen.