Mehr als 25 Jahre war er Beamter. Mittels Scheinrechnungen soll der heute 61-jährige Rolf K. Bauunternehmer 614.000 Euro überwiesen haben.

Hamburg. Fünf Jahre lang ging alles gut. Rolf K., seit mehr als 25 Jahren Beamter der Stadt Hamburg, hatte in Sozialbehörde eine Position inne, in der offenbar niemand sein Tun infrage stellte. Seine Position erlaubte es dem heute 61-Jährigen, Aufträge in Höhe von wenigen Hundert Euro an Handwerksbetriebe zu vergeben, ohne dass dies kontrolliert werden musste. Dass die Summen aber ein Vielfaches betrugen, fiel nur rein zufällig auf. Doch da betrug der Schaden für den Steuerzahler bereits 614.000 Euro. Das Geld floss offenbar in die Taschen eines kroatischen Bauunternehmers.

"Wir ermitteln wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs und der schweren Untreue gegen den Mitarbeiter der Sozialbehörde sowie wegen des Verdachts der Beihilfe zur Untreue und des Betrugs gegen den Bauunternehmer", sagt Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers. Er bestätigt damit einen Bericht von NDR 90,3. Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, die im vergangenen Oktober auch die Sozialbehörde durchsuchte, hat Rolf K. von August 2005 bis April 2010 rund 100 Bauaufträge an den Unternehmer Ivan K., 62, vergeben.

Der Beamte war in der Behörde dafür verantwortlich, einstige Asylbewerberheime abbauen zu lassen. Bis zu den Abbruchterminen waren Reparaturarbeiten nötig, zwecks "Verkehrssicherung". Und für diese Arbeiten durfte der Beamte Aufträge erteilen. Nach Abendblatt-Informationen allerdings nur in Höhe von etwa 500 Euro. Tatsächlich beliefen sich die Rechnungen des Komplizen aber auf bis zu 14.500 Euro. In den fünf Jahren zahlte ihm die Sozialbehörde 843.000 Euro aus. Nach bisherigen Ermittlungen 614.000 Euro davon zu Unrecht. Es seien laut Staatsanwaltschaft Scheinrechnungen ausgestellt worden.

Wieso Rolf K. das so lange machen konnte, ohne dass etwaige Kontrollmechanismen gegriffen hätten, dazu schweigt die Sozialbehörde. "Da es sich um ein laufendes Ermittlungsverfahren handelt, äußern wir uns nicht", sagt Behördensprecherin Julia Seifert. Auch Fragen nach den generellen Vorschriften zur Vergabe von Aufträgen beantwortet sie nicht.

Klar ist nur, dass es einem Zufall im vergangenen Sommer zu verdanken ist, dass die Machenschaften nun bekannt geworden sind. Als Rolf K. wegen eines Krankheitsfall vertreten werden musste, fielen die Scheinbuchungen auf. Erst dann zeigte die Behörde den Betrug an. Rolf K. ist seit fast einem Jahr krankgeschrieben. Das geht aus einer Senatsantwort auf eine Anfrage der SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Ksenija Bekeris hervor.

Das Motiv des Beamten ist bislang noch unklar. "Nach unseren Erkenntnissen ist der überwiegende Teil des Geldes an den Bauunternehmer gegangen", sagt Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers. K. habe demnach nur wenig Geld für den Betrug bekommen. Wie viel genau, das sei Gegenstand der Ermittlungen. Diese erweisen sich diesbezüglich als schwierig. Rolf K. schweigt zu den Vorwürfen.

Das tut auch sein mutmaßlicher Komplize, der Bauunternehmer Ivan K. Als dieser von den Ermittlungen gegen sich erfuhr, setzte er sich in seine kroatische Heimat ab. Die Staatsanwaltschaft erwirkte daraufhin im Januar einen Haftbefehl gegen den 62-Jährigen. Vor einer Woche erst hat er sich den Ermittlungsbehörden in Hamburg gestellt. Gegen eine Zahlung einer Kaution in Höhe von 200 000 Euro und unter strengen Meldeauflagen kam er wieder auf freien Fuß. Seinen Pass musste er abgeben.