Hamburg. Dramatische Entwicklung: Frost sorgte in Hamburg für massive Straßenschäden. Die Zahlen, die Sperrungen, die Kosten. Kritik der CDU.

So schlimm war es schon lange nicht mehr: Der Wintereinbruch im Januar hat den Hamburger Straßenextrem zugesetzt. Vielerorts taten sich in oftmals schon vorgeschädigten Fahrbahnen tiefe Schlaglöcher auf. Allein im Monat Januar sorgten Straßenschäden in der Hansestadt für 59 Verkehrsunfälle. Dabei wurden gar 59 Menschen verletzt, wie der rot-grüne Senat in seiner Antwort auf eine Schriftliche Kleine Anfrage von CDU-Fraktionschef Dennis Thering schreibt, die dem Abendblatt exklusiv vorliegt.

Die Verletzten sind das eine, die wirtschaftlichen Schäden durch Schlaglöcher das andere: Die Kosten, die laut Senat anhand eines Modells der Bundesanstalt für Straßenwesen für Sach- und Personenschäden ermittelt wurden, betrügen im Dezember 2023 rund 98.000 Euro und im Januar 2024 horrende 374.000 Euro. Dazu kommen Schadenersatzansprüche: Bisher wurden allein im Jahr 2024 in 110 Fällen Schadenersatzansprüche an die Stadt in Höhe von zusammen knapp 90.000 Euro geltend gemacht. Die Stadt zahlte bisher gut 7300 Euro, so der Senat. Für Januar 2024 wurden allein im Bezirk Mitte 43.000 Euro Schadenersatz angemeldet.

Verkehr Hamburg: Im Januar fast so viele Straßenschädenunfälle wie ganz 2023

Besorgniserregend ist die Entwicklung: In den vier Jahren von 2019 bis 2022 gab es 87 Verkehrsunfälle aufgrund von Schädigungen der Straßenoberfläche. Im Jahr 2023 waren es insgesamt 63, davon allein 16 im Dezember. Fast so viele Unfälle wie im ganzen Jahr 2023 wurden allein im Januar 2024 mit 59 Unfällen registriert. Die meisten Unfälle ereigneten sich im Bezirk Mitte (26), auf Rang zwei folgt Altona (13). „Insbesondere auch die Bezirke brauchen mehr Personal und auskömmliche Mittel, um den Zustand von Straßen tatsächlich verbessern zu können“, fordert CDU-Fraktionschef Thering.

Das Problem ist in gewisser Weise hausgemacht. „Diese Schlaglöcher treten vorzugsweise in vorgeschädigten Streckenabschnitten, meistens in Verbindung mit hoher Verkehrsbelastung und Schwerlastverkehr, auf“, schreibt der Senat. Bei Straßen, die bereits über die Jahre geflickt wurden, reicht dann offenbar – wie jetzt im Januar – ein nicht einmal allzu langer Wintereinbruch aus, damit Asphaltbrocken aus dem Belag platzen und tiefe Schlaglöcher entstehen.

Verkehrsbehörde meldet Rekord bei Straßensanierung

„Bürgermeister Tschentscher und Verkehrssenator Tjarks loben sich für die Instandsetzung von Straßen, gleichzeitig steigen die Unfallzahlen aufgrund des schlechten Zustands der Hamburger Straßen exorbitant an“, kritisiert Thering.

Tatsächlich meldete die Hamburger Verkehrsbehörde von Senator Anjes Tjarks (Grüne) gerade erst einen Rekord bei der grundlegenden Sanierung von Straßen in Hamburg. Grundinstandgesetzte Straßen sind weniger anfällig für witterungsbedingte Schäden. Hier hatten Vorgängersenate unter Führung sowohl der SPD wie auch der CDU zu wenig Mittel investiert. Nun habe die Stadt von 2020 bis 2023 insgesamt 744 Fahrstreifenkilometer instand gesetzt, erklärte die Verkehrsbehörde, dies ist eine Steigerung von rund 24 Prozent gegenüber dem Zeitraum 2015 bis 2019. Im Schnitt 186 Kilometer Deckschichten pro Jahr zu sanieren – so viel sei noch nie in Angriff genommen worden. Mit diesen Programmen werde der Sanierungsstau aufgelöst, heißt es vom jetzigen Senat.

Straße kaputt? Stadt stellt Warnschild auf

Kurzfristige Schäden an den Straßen werden aber teils nicht eben schnell beseitigt, wie die Senatsangaben zur Thering-Anfrage zeigen. Zuständig sind hier die Bezirke, täglich würden Schlaglöchern mit Heiß-Asphalt befüllt, heißt es. An vielen Streckenabschnitten mit besonders maroder Fahrbahnoberfläche beziehungsweise tiefen Schlaglöchern mussten aber Warnhinweise aufgestellt oder gar einzelne Fahrspuren gesperrt werden.

Die Stadt bemüht sich, Straßenschäden kurzfristig auszubessern.
Die Stadt bemüht sich, Straßenschäden kurzfristig auszubessern. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck

Der Senat listet in seiner Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage zahlreiche betroffene Abschnitte auf: So gibt es an der Wellingsbütteler Landstraße seit dem 5. April 2023 einen Warnhinweis, die Sanierung ist für den Herbst 2024 geplant. Warnschilder stehen auch am Wittmoorstieg/Ecke Brundsteenredder (seit 15. Mai 2023) und am Raakmoorgrund (seit 17. Mai 2023), Ausbesserungsarbeiten sind noch nicht terminiert.

Hier sind in Hamburg Fahrbahnen wegen Straßenschäden gesperrt

Seit Januar dieses Jahres kamen Warnhinweise wegen Straßenschäden unter anderem an der Edmund-Siemers-Allee, an der Elbgaustraße, am Viehlohweg, der Wendlohstraße, der Julius-Vosseler-Straße, der Kieler Straße, der Rothenbaumchaussee und der Bergstedter Chaussee, der Schlankreye, Beim Schlump und der Schäferkampsallee hinzu.

Mehr zum Thema

Sogar Fahrbahnsperrungen wegen Straßenschäden waren an der Borgfelder Straße (seit 15. Februar), am Farnhornweg (seit 25. Dezember), an der Sülldorfer Landstraße (seit Januar 2024), an der Luruper Hauptstraße (seit 14. Januar), an der Osterfeldstraße (16. Januar) und der Koppelstraße (seit 17. Januar) nötig.

Verkehr Hamburg: „Viele Straßen notdürftig durch Kaltasphalt zusammengehalten“

Es liege „in der Natur der Sache, dass das Hamburger Straßennetz mit einer Länge von mehr als 4000 Kilometern, welches der Witterung und einer hohen Verkehrsbelastung ausgesetzt ist, auch Schäden aufweisen kann, die nicht immer unmittelbar nach ihrer Entstehung beseitigt werden können“, schreibt der Senat dazu. Deshalb sei das Aufstellen von Schildern, die auf Gefahren hinweisen, Ausdruck der Sorgfaltspflicht der zuständigen Behörden. Für die kurzfristigen Ausbesserungen der Straßen seien die Bezirke zuständig. Die Verkehrssicherheit werde gewährleistet

Aufgrund der „besonderen Situation wird durch die bezirklichen Straßenbaureviere vermehrt mit Nachdruck daran gearbeitet, akute Gefahrenstellen wie Schlaglöcher auf den Straßen nach Meldung des Wegewarts oder der Polizei zu sichern und kurzfristig mit Kaltasphalt zu verfüllen“. Im Übrigen verweist die Verkehrsbehörde auf ihr intensives Grundinstandsetzungsprogramm im Rahmen des systematischen Erhaltungsmanagements.

Das will CDU-Chef Thering nicht gelten lassen: „Viele Straßen werden derzeit notdürftig durch Kaltasphalt zusammengehalten oder sind teilgesperrt und in nicht wenigen Fällen steht ein Instandsetzungstermin noch in den Sternen“, beklagt CDU-Oppositionsführer Thering. „Das Straßen-Erhaltungsmanagement von SPD und Grünen hat sich nach diesem kurzen Frost-Winter als ein Luftschloss herausgestellt.“