Sandra Eckardt führt seit 2007 durch das RTL-Format. Oft ist sie dafür wochenlang weg

Hamburg. Wo liegen meine Wurzeln? Wohin gehöre ich? Wem sehe ich eigentlich ähnlich? Es sind Fragen wie diese, die Sandra Eckardt gestellt werden. Denn die Hamburgerin moderiert die erfolgreiche RTL-Sendung „Vermisst“. Gerade ist wieder eine Staffel zu Ende gegangen, Ende des Jahres werden neue Folgen ausgestrahlt – vermutlich wieder am frühen Sonntagabend.

Alle Betroffenen eint, dass sie auf der Suche nach einem oder mehreren Verwandten oft jahrelang erfolglos geblieben sind. Eckardts Sendung ist für sie oft die letzte Chance, mehr über sich selbst und die eigene Familiengeschichte zu erfahren. Wo lebt heute die brasilianische Mutter, die ihr Kind einst aus Geldmangel als Adoptivkind nach Deutschland gab? Wo ist der Bruder, der vor Jahrzehnten spurlos Richtung Rumänien verschwunden ist? Wo ist der verlorene Zwilling, der im Heim von seiner Schwester getrennt wurde?

Seit Ende 2012 ist Sandra Eckardt das Gesicht dieser „Real-Life-Dokumentation“, wie das Format im Fernsehjargon heißt. Eckardt wuchs in Niendorf auf und arbeitete schon für den NDR, als sie noch Amerikanistik studierte. Nach ihrem Volontariat bei dem Sender moderierte sie zunächst Sendungen wie „Die Flohmarktjäger“, „Hensslers Küche“ oder auch die beliebte „Aktuelle Schaubude“.

Einem größeren, bundesweiten Publikum wurde die 39-Jährige durch „Vermisst“, eine Produktion von Endemol Deutschland, bekannt, die seit November 2007 ausgestrahlt wird. Die zehn neuen Folgen der mittlerweile schon siebten Staffel liefen seit 7. Dezember 2014 wieder mit großem Erfolg beim Kölner Privatsender RTL. Die Einschaltquoten waren extrem gut: Die letzte Sendung erreichte mit durchschnittlich 5,56 Millionen Zuschauern sogar den bisherigen Staffelbestwert (19,6 Prozent durchschnittlichen Marktanteil bei den 14- bis 59-jährigen Zuschauern). Zum Vergleich: Der später am selben Abend gezeigte „Tatort“ mit dem Titel „Borowski und der Himmel über Kiel“ war der mit Abstand erfolgreichste der Reihe und zog 10,67 Millionen Gesamtzuschauer vor die Bildschirme – allerdings natürlich zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr.

Dieser Erfolg macht Eckardt schon stolz, bedeutet es doch, dass die Menschen ihr gern folgen, wenn sie sich in die Welt aufmacht und nach Vermissten sucht. Und diese im besten Fall auch findet. „Schlimm ist es für mich natürlich, wenn ich dem Suchenden sagen muss, dass derjenige, der vermisst wird, schon tot ist“, sagt Sandra Eckardt. Die Suchenden brechen dann oftmals zusammen, auch wenn die Moderatorin sie in langen Vorgesprächen auf alle Varianten und möglichen Ausgänge ihrer Suche eingestellt hat. „Wenn dann doch alle Hoffnung schwindet und sicher ist, dass die ganzen Fragen unbeantwortet bleiben, dann ist das wahnsinnig hart und trifft sie mit aller Wucht.“

In den Sendungen bietet Eckardt, Mutter einer Tochter im Kindergartenalter, gern ihre Schulter zum Anlehnen an. „Meistens schaffe ich es dann aber zumindest, einen anderen Familienangehörigen ausfindig zu machen“, sagt sie, „dann merke ich, wie nah Trauer und Freude zusammenliegen können.“ Sie selbst sei noch dankbarer geworden für ihre Familie, sagt Eckardt. Mit ihrem Mann, einem selbstständigen Fotografen, und der kleinen Tochter lebt sie in Alsternähe.

Für ihre Suchen reist Eckardt mit einem kleinen Team durch die Welt: Großbritannien, USA, Kuba, Rumänien, Brasilien, Kroatien, Schweiz, Bosnien-Herzegowina, Neuseeland, Korea oder Ecuador hat sie allein in den vergangenen zwei Jahren gesehen. „Ich bin sehr, sehr viel in Flugzeugen unterwegs“, sagt sie, „in den Nachrichten erkenne ich mittlerweile jeden Airport sofort.“ Zudem wisse sie, auf welcher Flughafentoilette es warmes Wasser oder Papierhandtücher gebe. „Mein Job ist unglamouröser, als man vielleicht denkt“, sagt sie. „Direkt nach dem Flug, wenn wir an unserem Ziel ankommen, schaue ich, wie das Wetter ist, ziehe mich auf der Toilette um und schminke mich.“

Dann geht es schon los: Von der Kamera begleitet fragt Eckhardt bei ehemaligen Nachbarn nach, forscht in Archiven, bei Standesämtern, Ex-Arbeitgebern nach Hinweisen. „Was wirklich toll ist und alle Menschen eint, ist, dass alle wahnsinnig hilfsbereit sind, sobald ich sage, dass ich nach jemandem suche“, sagt sie. Wenn sie nach Tagen oder Wochen zurück nach Hamburg kommt, führe sie „ein ganz normales Hausfrauenleben – mit Kochen, Putzen und sehr viel Wäschewaschen.“ Letzteres bleibt bei den vielen Reisen nicht aus.