Dem Vatikan liefern die Hamburger Claus und Gunnar Heinemann Parfüm und Rotwein. Vor allem aber betreiben sie Duty-free-Läden. In 28 Ländern auf 67 Flughäfen. Auch Sohn Max ist schon an Bord.

Hamburg. Claus Heinemann hat so volles graubraunes Haar, dass sein Vetter Gunnar Heinemann ihn deshalb gern mal foppt. „Der trägt ein Toupet“, scherzt er dann. Doch Claus Heinemann winkt lächelnd ab. „Sie können ruhig mal dran ziehen, da ist alles fest“, widerspricht er und deutet auf den Kopf von Gunnar: „Mein Vetter ist nur eifersüchtig, weil er schon eine Glatze bekommt.“ Die beiden sind gleichberechtigte Geschäftsführer und Inhaber des Familienunternehmens Gebr. Heinemann – und das in vierter Generation. Seit 35 Jahren arbeiten sie Seite an Seite, weiten das Imperium von Duty-free-Geschäften in Flughäfen stetig aus.

„Es ist tatsächlich wie in einer Ehe bei uns“, sagt Gunnar Heinemann und lässt sein ansteckendes Lachen erklingen. „Wie in einer guten natürlich!“ Sich selbst nennt er einen „natural born travel shopaholic“, einen, der es liebt, einzukaufen. Besonders Süßwaren haben es dem vollschlanken Genussmenschen angetan. Und so schwärmt auch er natürlich für die „Toblerone“. Für die massive Schweizer Schokolade spricht aus seiner Sicht aber etwas anderes noch viel mehr: Sie wird im Wartebereich tatsächlich überdurchschnittlich oft gekauft und ist außerordentlich beliebt als Mitbringsel. „Jetzt haben wir gerade sogar eine Vier-Kilo-Packung im Angebot“, sagt Gunnar Heinemann und Claus ergänzt: „Wir fordern die Industrie immer wieder auf, Produkt- oder Verpackungsvarianten zu kreieren, die es im Binnenmarkt nicht gibt.“

Vom Schlee-Gymnasium in Othmarschen nach Sydney

Es kommt bei den beiden übrigens auffällig oft vor, dass der eine einen Satz des anderen vollendet oder ergänzt. „Wir sind einander die besten Freunde“, erklärt der ein Jahr jüngere Gunnar Heinemann, Jahrgang 1951, dazu. Und das wohl schon seit ihrer Lausbubenzeit, als sie sogar gemeinsam die Schulbank auf dem Schlee-Gymnasium in Othmarschen drückten. „Wir saßen zwar nicht nebeneinander, aber waren in der gleichen Klasse“, verrät Claus Heinemann, der seit 28 Jahren mit der Künstlerin Gloria Bruni verheiratet ist. Die Familienstämme, aus welchen immer jeweils ein Nachfolger für das Unternehmen kam und auch in Zukunft kommen soll, waren und sind so eng verbunden, dass sie auch die Freizeit miteinander teilen. Privat oder Firma – die Unterscheidung kennen beide nicht. „Es gab immer schon ein Verständnis für die Firma und verbunden damit das Verständnis dafür, was der Familie den Wohlstand beschert“, sagt Claus Heinemann, der an der Alster wohnt. „Für uns beide war deshalb immer klar, dass wir eines Tages in die Fußstapfen unserer Väter treten“, ergänzt Gunnar, der in Rissen lebt.

Die Heinemanns sind Marktführer in Deutschland, obendrein mit 5600 Mitarbeitern eine Größe in der weltweiten Branche. 230 Duty-free-Shops an 67 Flughäfen in 28 Ländern gehören ihnen. Darüber hinaus beliefern sie internationale Airports, Fluglinien, Kreuzfahrtschiffe, Diplomaten-Händler und Bordershops in 108 Ländern mit ihrem Duty-free-Sortiment. Auch der Vatikan ordert monatlich – unter anderem Rotwein und Parfüm – oder Freihandelszonen wie Helgoland. 20 Prozent Marktanteil im europäischen Duty-free-Markt hatten sie im Jahr 2013 bei einem Gesamtumsatz von 2,4 Milliarden Euro.

Während Gunnar Heinemann sich im eigenen Laden gern auch mal ein Hermès-Parfum gönnt und seiner Ehefrau Beate gleich eines mit nach Hause bringt, hat Claus Heinemann kein ausgeprägtes Shopping-Gen: „Ich bin ein Albtraum-Kunde für jeden Einzelhändler“, gesteht er. „Typisch deutsch: Ich kenne alle Preise und nehme gern unsere Sonderangebote wahr.“ Ansonsten kaufe er dann und wann mal eine Flasche Wein, und „wenn ich besonders großzügig mit mir bin, dann leiste ich mir eine Hermès-Krawatte“. Was Gunnar Heinemann mit den Worten kommentiert: „Ganz anders als unsere Lieblingskunden, das sind die Russen oder Chinesen, die den Luxus lieben.“

Wann immer die beiden Unternehmer verreisen – übrigens steigen sie niemals gemeinsam in einen Flieger –, sind sie eine halbe Stunde früher in Fuhlsbüttel und besuchen die Angestellten im Heinemann-Shop.

„Wir sind nun mal ein Familienunternehmen und wünschen uns, dass unsere Mitarbeiter gern zur Arbeit kommen. Mein Vetter und ich haben immer eine offene Tür für Gespräche. Vom Lagerarbeiter bis zum Buchhalter, allen hören wir bei Bedarf gerne zu“, sagt Claus Heinemann.

Ob seine Tochter auch einmal im Unternehmen arbeiten wird? „Es wäre für die Firma bestimmt gut, auch mal einen etwas stärkeren femininen Einfluss zu bekommen“, glaubt Gunnar Heinemann. Wenn sie möchte und es kann, hätte er also nichts dagegen. Aber jetzt hat die 17-Jährige erst einmal die Stadt verlassen und in München ein Studium begonnen. „Immerhin ist dafür unsere Nichte Franziska Schulte bereits im Unternehmen“, freut er sich, „die befindet sich im Moment allerdings in Elternzeit“. Auch Sohn Max ist schon an Bord. Der baut das Tochterunternehmen Heinemann Asia Pacific aus.

Eine Etappe ist fast erreicht: Vom 15. Februar an werden ihre Produkte erstmals auch im Flughafen Sydney verkauft – auf rund 10.000 Quadratmetern. Max Heinemann betreut das Projekt von Singapur aus. Eine kommende Führungspersönlichkeit im Familienunternehmen? „Natürlich“, sagt Claus Heinemann, schelmisch eine Augenbraue in die Höhe ziehend, „und was gibt es Besseres, als dort Karriere zu machen, wo Vater und Onkel weit weg sind?“