Gottfried Böttger feiert seinen 65. in Ahrensburg. Auch Udo Lindenberg wird erwartet – und noch gibt es sogar Karten für das Event der Extraklasse.

Ahrensburg. Eigentlich hätte Gottfried Böttger die Firma seines Großvaters, ein Röntgenwerk, übernehmen sollen. Oder Arzt werden. Oder wenigstens klassischer Pianist. Aber er hat schon als Teenager immer nur das getan, was er selbst für richtig hielt. Zum Beispiel Ragtime üben. Heimlich, nachts, im Keller einer Hamburger Kirchengemeinde. Heute, gut 50 Jahre später, ist Böttger ein erfolgreicher Jazzpianist mit schillernder Vergangenheit. Am Sonntag, 21.Dezember, wird er 65 Jahre alt.

„Mein Großvater hat mir mehrfach fünf Mark geboten, wenn ich im Zeugnis eine Fünf in Musik habe“, sagt Böttger. Als Musiker sei man weniger wert als ein Koch, habe sein Großvater immer zu ihm gesagt. „Und trotzdem hat er mich gelassen.“ Im Unterschied zu den Eltern: Zu Hause wurde nur klassische Musik akzeptiert. Beide Eltern Mediziner, der Vater Erster Violinist im Hamburger Ärzteorchester, Sohn Gottfried äußerst begabter Klavierschüler.

Tagsüber spielt Böttger brav Mozart, Bach und Beethoven. Nachts büxt er heimlich aus, schleicht zum Gemeindehaus der St.Johannis-Kirche in Harvestehude. Der Junge steigt durchs Kellerfenster ein, das er für diesen Zweck immer offen lässt – und übt wie ein Besessener: Blues, Jazz und Ragtime. 14 Jahre ist er da alt und außerdem Konfirmand und Kirchenchorsänger. „Aber diese neue Musik, die hat mich fasziniert. Das war damals ja ganz ungewöhnlich in Deutschland“, sagt Gottfried Böttger.

Auf den Geschmack kam er durch eine Kneipenbekanntschaft. Der Weg von der Kirche zur Kneipe in Harvestehude war ja nicht weit. „In der Pöseldorfer Bierstube habe ich nicht nur mit 14 schon mein erstes Bier getrunken“, sagt Böttger. „Dort hat mir auch Andreas Odenwald, ein Journalist, eine Jazz-CD in die Hand gedrückt. ‚Üb’ das mal!‘, hat er gesagt.“ Da war es um Böttger geschehen.

Ein Doppelleben begann: „Ich habe heimlich nebenbei gejazzt. Keiner aus meiner Familie wusste das“, sagt Böttger. Nach und nach entwickelte sich der junge Mann zu einem jener Musiker, die Ende der 60er-Jahre den Beginn der „Hamburger Szene“ auslösten: Bands entstanden, Clubs wurden eröffnet – und Hamburg wurde zum Mekka verschiedenster Stilrichtungen. 1969 bildet sich um Böttger die Jazz-Pop-Gruppe Leinemann mit Uli Salm, Jerry Bahrs, Django Seelenmeyer und Ulf Krüger. Mit 23 Jahren gründet Böttger die „Rentnerband“, zieht mit Udo Lindenberg zusammen, das „Panik-Orchester“ entsteht. Mit „Der Clou“ landet Böttger einen Riesenhit.

Bei fast jeder Session ist er dabei, studiert nebenbei Naturwissenschaften an der Uni Hamburg, macht 40 Jahre lang Musik in der Bremer Talkshow „3 nach 9“. Böttger spielt mit Jazzgrößen wie Memphis Slim oder Champion Jack Dupree, macht Kabarett, komponiert Filmmusik, Blues-, Boogie- und Ragtimestücke für Kinder. Und er wird Professor für Mediendidaktik im Fachbereich Informatik. Außerdem gibt Böttger regelmäßig Benefizkonzerte für bedürftige Kinder. „Ich habe das mal zusammengerechnet“, sagt er stolz. „Rund eine Million Euro habe ich nur durch Benefizveranstaltungen zusammengespielt.“

Doch nicht alles lief rund in Gottfried Böttgers Leben: Seine Ehe mit der Pianistin Jasmin Böttger ging auseinander. Mit dem Gesetz kam er wegen einer Alkoholfahrt in Konflikt. 2009 dann der absolute Tiefpunkt: Blasenkrebs. Gottfried Böttger hat das alles durchgestanden, mit Unterstützung seiner neuen „alten Liebe“ Ellen von Spanyi: Schon als 13-Jähriger hatte er seinen ersten Liebesbrief an Ellen geschrieben. Sie war die Tochter einer befreundeten Familie, lebte damals einige Wochen bei den Böttgers. Es gab einen Kuss, doch dann trennten sich die Wege wieder. Erst 44 Jahre später liefen sich beide zufällig wieder über den Weg.

An einen ruhigen Lebensabend gemeinsam mit seiner Ellen denkt Böttger aber noch lange nicht. Er hat viele Pläne, die er bald umsetzen will. So möchte er endlich seinen Traum verwirklichen, gemeinsam mit Eric Clapton auf der Bühne zu stehen. „Jetzt mach doch mal ein bisschen langsamer, Gottfried!“, wirft Ellen da lächelnd ein. „Wir können doch jetzt erst mal in Ruhe deinen Geburtstag feiern.“ Am Sonnabend, dem 20.Dezember, ist es so weit:

Mit einer großen Gala feiert Böttger in seinen 65. Geburtstag hinein. Die Veranstaltung ist in Ahrensburg, der Wahlheimat des Hamburger Musikers. Viele von Böttgers Weggefährten werden dabei sein, darunter die Brüder Axel und Torsten Zwingenberger, die Pianisten Jo Bohnsack und Christian Willisohn, der Schlagzeuger Christian von Richthofen oder der Mundharmonikaspieler Henry Heggen.

Auch Udo Lindenberg, die Band Leinemann und die Sinti-Musikerfamilie Weiß haben sich angekündigt. Gefeiert wird auf gleich zwei Bühnen: im Kulturzentrum Marstall sowie im Saal des angrenzenden Park Hotel (20 Uhr, Lübecker Straße 10A, Ahrensburg). Am nächsten Tag geht’s mit einem großen Brunch im Foyer des Park Hotel weiter (Beginn 11 Uhr, eine Reservierung im Park Hotel ist erforderlich).

Karten für die Gala kosten 25 Euro. Sie können unter 01806/9990000 oder www.ticketmaster.de bestellt werden. Reservierungen für den Brunch nimmt das Park Hotel unter Telefon 04102/230400 entgegen.