Der 38-jährige ARD-Moderator konzentriert sich auf Sport, Quiz und die „NDR-Talkshow“

Othmarschen. Dieser Julitag im Jahr 2007 soll sein Leben von Grund auf verändern. Alexander Bommes, Neu-Hamburger mit Kieler Wurzeln, steht auf dem Balkon seiner Mietwohnung an der Hegestraße und genießt den Blick auf das sommerliche Eppendorf. In der Küche bauen seine Mutter und ein Kumpel für den handwerklich unbegabten „Alex“ gerade ein Ikea-Regal zusammen, als das Telefon klingelt. Die Botschaft, kurz und knapp: „Gratuliere, Sie haben gewonnen.“

Die Rede ist nicht von einer Lotterie, sondern von einem Casting-Wettbewerb des NDR. Bommes atmet tief durch: Das Engagement als Moderator des „Hamburg Journals“ ist perfekt – und das als Volontär ohne jegliche Fernseherfahrung. Dass seine persönliche Premiere im Studio viel früher als geplant folgen sollte, tatsächlich holterdiepolter, ahnt das 31-jährige Nachwuchstalent in diesem Glücksmoment nicht. Völlig unerwartet kommt das Ganze.

Sieben Jahre und mehr als 1000 „Journal“-Sendungen sind seit diesem Schlüsselerlebnis vergangen. Ende kommender Woche zieht eine der größten Hoffnungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens einen Schlussstrich unter ein spannendes Kapitel seiner bisherigen Karriere. Von Montag bis Freitag steht er noch als Moderator seinen Mann, dann ist Schluss. Mit einer großen Sause in einer Bar im Schanzenviertel verabschiedet sich Bommes von den bisherigen Weggefährten der Sendung. Auf zu neuen Ufern.

„Es war eine faszinierende Ära in einem inspirierenden Umfeld“, sagt der heute 38-Jährige bei einem Filetsteak mit extra knusprigen Pommes in einem Restaurant am S-Bahnhof Othmarschen. In aller Ruhe erläutert er seinen Beschluss, sich fortan auf drei wesentliche Fernsehbereiche konzentrieren zu wollen. Neben dem Fundament Sport mit der ARD-„Sportschau“ am Sonnabend und dem „Club“ des NDR am Sonntag handelt es sich um die „NDR-Talkshow“ aus Hannover. Vom Februar kommenden Jahres an wird Bommes als Nachfolger von Eckart von Hirschhausen an der Seite von Bettina Tietjen Platz nehmen.

Drittes Standbein ist die seit drei Jahren laufende NDR-Quizsendung „Gefragt – Gejagt“. Seiner Einschätzung nach ist dieses Format „zu Höherem berufen“, sprich für große Abendunterhaltung im Ersten tauglich. Vor dem Rückzug beim „Hamburg Journal“ hatte sich Bommes bereits von der „NDR-Quizshow“ verabschiedet, die er als „Leuchte des Nordens“ fast zwei Jahre moderierte. Ein just unterschriebener Exklusiv-Vertrag mit der ARD bis 2017 hat das Liebeswerben der Privaten im Keim erstickt.

Bommes ist der Letzte, der über konkrete Offerten oder gar Finanzielles spricht. Lieber benennt er zwei Begriffe als roten Faden seines Lebens: Dankbarkeit und Demut. Erstaunlich für einen 38-Jährigen, dem allseits attestiert wird, zusätzliche Luft nach oben zu haben. Nicht nur bei den genannten Sendungen, sondern auch bei seinen Auftritten bei Olympia in London, seinem eigentlichen Durchbruch, sondern auch im „WM-Club“ der ARD oder bei der Willkommensparty der deutschen Weltmeister mit 500.000 Partygästen am Brandenburger Tor beeindruckt Bommes mit einer natürlichen Gabe, die man nicht lernen kann: Der Mann ist im Fernsehen so wie er abseits der Kamera ist: normal, fröhlich, plietsch. Verzicht auf Schauspiel und gekünstelte Verrenkungen ersparen ihm Lampenfieber. „Die Weichen sind ganz gut gestellt“, sagt er in Anspielung auf die künftige Konzentration seiner Arbeit.

Das gilt auch privat: Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Julia Westlake, gleichfalls erfolgreiche NDR-Moderatorin, und zwei Kindern wohnt die „Leuchte des Nordens“ im beschaulichen Groß Flottbek. Beider Job ist so gut organisiert, dass die Familie lebt und Mußestunden bleiben. Bommes lässt es sich nicht nehmen, den Nachwuchs allmorgendlich zum Kindergarten zu bringen. Bisweilen gehört sportliches Joggen mit dem Kinderwagen dazu. Wohl dem, der von mehreren Talenten gesegnet ist. Jahrelang spielte „Alex“ als wurfstarker, treffsicherer Profi in der Handball-Bundesliga. Das Staatsexamen in Jura schaffte er im Sauseschritt. Und der Freundeskreis schätzt eine Persönlichkeit, die mit beiden Beinen auf dem Boden steht. Übrigens in immer wieder anderem Schuhwerk. Der Mann mit dem gepflegten Bewusstsein für Mode bekennt sich zu dieser Marotte. 50 Paar hat er zu Hause gut und gerne. Das Beste daran? Bommes kann über seinen Schuhtick lachen.

Ebenso wie über sein Debüt im „Hamburg Journal“ fast auf den Tag vor sieben Jahren. Eigentlich sollte dieser Anfang 2008 steigen, doch ging in der Hegestraße schon am 22.November 2007 ein weiterer Überraschungsanruf ein. „Judith kann nicht mehr stehen“, hieß es auf der anderen Seite, „und wir haben beschlossen, dich ins kalte Wasser zu werfen.“ Bommes war baff und rief erst einmal seinen Vater an, einen Notar in Kiel mit reichlich Hörfunkerfahrung: „Papi, was soll ich machen?“ Der alte Herr beschied: „Leg los, Junge.“ Bommes junior schmiss sich in seinen einzigen Anzug, band die Krawatte viel zu lang und vertrat die an der Bandscheibe erkrankte Judith Rakers.

Als Sieger des eingangs erwähnten Casting-Wettbewerbs schuldet er seinem Entdecker, dem verstorbenen Regisseur Robert Lange, und der damaligen NDR-Direktorin Maria von Welser große Dankbarkeit: „Die hatten wirklich Mumm, einem Jungspund mit null Erfahrung eine solche Chance zu geben.“ Das mag sein. Es gehört jedoch auch jemand dazu, der die Gunst der Stunde kurzentschlossen nutzt.