Arnold Simmenauer plant einen Ableger des beliebten Treffpunkts im Grindelviertel. Es soll eine Cocktailbar werden, wie sie „bisher in Hamburg noch fehlt“

Rotherbaum. Ein „echter Gastronom“ ist Arnold Simmenauer nicht. Zumindest betont der studierte Linguist das deutlich. Es hält den jungen Mann aber nicht davon ab, immer wieder gute Ideen für sein Café Leonar im Grindelviertel zu haben. Jetzt plant er sogar einen weiteren Laden. „Ich habe lange Zeit in vielen unterschiedlichen Restaurants, Kneipen und Bars gearbeitet“, sagt der 26-Jährige. „Und durch diese Erfahrungen habe ich ein gewisses Gefühl dafür entwickelt, was man machen kann und was eben nicht.“

Eher durch einen Zufall sei er in der Gastronomie gelandet, erzählt Simmenauer. Während des Studiums arbeitete er in unterschiedlichen Läden, zumeist hinter der Bar. „Ich habe noch heute eine unheimliche Freude daran, leckere Drinks zu mixen“, sagt er. Als dann seine Mutter, Sonia Simmenauer, 2008 im Grindelviertel das Café Leonar eröffnete, war er plötzlich „direkt betroffen“, wie er sich ausdrückt. Denn seine Mutter arbeitete seit vielen Jahren als Künstleragentin und war folglich nicht in der Gastronomie zu Hause.

Ganz anders als jemals geplant musste Arnold Simmenauer plötzlich mithelfen im kleinen Familienbetrieb. „Quasi von heute auf morgen fielen Barchef und Geschäftsführer aus, und meine Mutter hat mich gebeten, einzuspringen.“ Warum nicht, habe er sich daraufhin gedacht, sein Studium erst einmal geschmissen und sich sofort hinter den Tresen gestellt. „Ich war mit meinen 22Jahren schon ein bisschen naiv. Habe meine Unkenntnis aber mit viel Einsatz wettgemacht.“ Ein Jahr lang stand er jeden Tag im Café Leonar. „Ich war nicht selten der Erste, der kam, und auch der Letzte, der ging. Meine Motivation, etwas zu bewegen, war schier unersättlich“, erzählt Arnold Simmenauer über diese besondere erste Zeit im Café Leonar.

Das Engagement zahlte sich aus. Der Laden, übrigens benannt nach der Fotopapierfabrik seines Urgroßvaters, füllte sich in den Monaten immer mehr. Zusätzlich nahm Simmenauer eine Menükarte für abends ins Programm auf, stellte erst einen, später – mit steigender Nachfrage – bis zu vier Köche ein. „Wir hatten einfach eine tolle Stimmung in dem Laden.“ Der junge Mann ist überzeugt: Ehrlichkeit zahlt sich aus. „Und sowohl das Team als auch die Gäste haben das einfach gespürt. Das ist bis heute so.“

Das Literaturcafé soll künftig zu einer Bibliothek ausgebaut werden

Es hätte für ihn gern immer so weiterlaufen können, sagt Simmenauer. Doch Ende 2010 beschloss die Besitzerin des Hauses im Grindelviertel, ihr Eigentum aus familiären Gründen zu verkaufen. „Ich habe mir sofort überlegt: Das will ich haben“, sagt der Hamburger. „Ich hatte aber überhaupt keine Vorstellung davon, wie viel Geld man für so einen Kauf braucht.“ Also habe er sich Partner gesucht. Mit dem Architekten Andreas Heller und dessen Kollegen gründete Simmenauer eine Gesellschaft. Erwarb das Grundstück, auf dem das Café stand. Und plante hier ein neues Haus. Heute steht im Grindelhof 59 ein modernes Gebäude mit Eigentumswohnungen, Ateliers im Hinterhof und einem nagelneuen Café Leonar, das vor wenigen Wochen wieder eröffnet hat.

Während der Bauzeit musste der Laden, der in den Jahren zu einer Institution im Viertel geworden war, allerdings umziehen. Etwa 100 Meter weiter, im Grindelhof 87, kam das Leonar für drei Jahre unter. „Das war besonders am Anfang nicht leicht“, sagt Simmenauer. „Ich hätte nicht für möglich gehalten, dass diese paar Meter einen solchen Unterschied machen.“ Aufwendig hatte er die neuen Räume umgestaltet, damit die Gäste zumindest von innen den Eindruck bekamen, im Original-Leonar zu sein. Allerdings erst Stück für Stück sprach sich der Umzug bei den Gästen herum. Und nach einigen Monaten war auch der neue Laden nicht weniger gefüllt als der alte.

Der Erfolg des Literaturcafés spornt Simmenauer an. Zusammen mit seinem Partner in der Geschäftsführung, Aliyas Karimi, plant er derzeit eine erste eigene Bar, die Leobar. Die soll in den Räumen unterkommen, in denen sich das Café während der Bauphase eingemietet hatte. „Wir bauen gerade um und wollen noch Ende des Jahres dort eröffnen“, sagt der Mann mit den langen, dunklen Locken. Das Konzept klingt schlicht: „Wir wollen genau die Bar, die uns bisher in Hamburg fehlt.“ Ein bisschen wie bei dem Café. Das habe seine Mutter auch danach konzipiert, was sie in der Hansestadt vermisste.

Auch für die Zeit danach hat Simmenauer bereits Pläne. Er will das Literaturcafé zu einer Bibliothek ausbauen, einer Präsenzbibliothek. „Im Leonar war früher zuerst sogar nebenbei eine kleine Buchhandlung. Später wurde es zu einer Präsenzbibliothek.“ Das will der junge Mann Stück für Stück wieder aufleben lassen „Hier sollen Verlage dann Regale mieten können“, so seine Vorstellung. Nebenbei veranstaltet Simmenauer, dessen Vater Cellist ist, bereits seit einiger Zeit Kammer- und Jazzmusikkonzerte im Café.

Zum Schluss eine kleine, aber nicht unwichtige Geschichte über Simmenauer: In den vergangenen zwölf Monaten war er Mitarbeiter im Projektmanagement für das Hamburger Bundesjugendballett. Seitdem engagiert er sich freiberuflich als Projektmanager für Musikveranstaltungen. Gerade hat er in dieser Funktion das Jugendorchester der Europäischen Union betreut.

Café, Bar und alle anderen Aktivitäten laufen bei Simmenauer eigentlich nur nebenher. Denn, so sagt er lachend: „Von irgendetwas muss ich ja auch leben.“