Bis Freitagmittag stellt die Ehefrau von Ehrenbürger Michael Otto 52 ihrer Werke aus.

Finkenwerder. Es sind beeindruckende Bilder von Hafen, Elbe und mehr, die ihre eigene, spannende Sprache sprechen. Nicht minder interessant ist die Künstlerin. Sie hält sich jedoch mehr als dezent zurück. Vornehm eben. „C. Otto“ steht in weißer Schrift auf dem hellblauen Katalog – nicht mehr, nicht weniger. Dahinter verbirgt sich Christl Otto, die Ehefrau des Versandhausunternehmers und Hamburger Ehrenbürgers Michael Otto.

Den Weg in die Malerei und zu einer Ausstellung eben mit dem Titel „Hafen, Elbe und mehr“ auf Finkenwerder indes beschritt die namhafte Künstlerin auf eigenen Füßen, quasi im Alleingang. Das Ergebnis ist sehenswert. Noch bis Freitagnachmittag ist eine Auswahl von 52 Werken im Hotel The Rilano direkt am Elbufer zu betrachten. Präsentiert wird die Ausstellung von der Albrecht Stiftung. Die Wurzeln der Leidenschaft sind mehr als drei Jahrzehnte alt und stammen aus München. In Tetschen an der Elbe in Böhmen geboren, dem heutigen Tschechien, absolvierte Christl Otto erst eine Schneiderlehre, bevor sie ihren Abschluss in Modedesign an der Meisterschule in München schaffte. 1985 folgte ein Studium an einer angesehenen Kunstakademie, das auch Malreisen in die Provence, nach Andalusien und in die Toskana beinhaltete. Die Kunst stand auch bei späteren Exkursionen nach Afrika, Patagonien sowie in die Mongolei im Mittelpunkt.

Ohnehin brachte ihr München doppeltes Glück. Neben der Liebe zur Malerei lernte sie dort den Hanseaten Michael Otto kennen, der an der Universität Volkswirtschaftslehre studierte. Beide sind seit 45 Jahren verheiratet und haben zwei Kinder.

Christl Ottos Werke finden nicht nur in der Familie Gefallen. Seit 1997 wurden ihre Bilder in mehreren Galerien ausgestellt – mit unterschiedlichen Schwerpunkten. „Wir staunen, dass ihr der weiche Schmelz der Wasserfarbenmalerei immer wieder so schön gelingt wie im Bild ,Wittenbergen‘, das mit seinen tanzenden Formen von melodiöser Poesie ist“, sagt Thomas Gädeke vom Landesmuseum Schloss Gottorf. Er spricht von einem „frischen Sinn für Schönheit“ und meint dem Sinn nach, dass die lebendigen Farben das sonnige Gemüt der Künstlerin widerspiegeln.

Auch für diese Aussagen gab es bei der Vernissage mit gut 100 geladenen Gästen Applaus. Zum gelungenen Arrangement der Kunstwerke hatte der Designer Peter Schmidt mit Augenmaß und anpackender Hand beigetragen. Er hielt sich ebenso diskret zurück wie die Hauptperson selbst, die vieles mag, aber kein Aufhebens um die eigene Person. Am allerliebsten würde sie im öffentlichen Leben gar nicht stattfinden, doch fällt die Umsetzung schwer als Künstlerin mit Einzelausstellungen und als Ehefrau eines Hamburger Ehrenbürgers. „Meine Reisen, aber auch Beobachtungen in der Stadt inspirieren mich“, sagt sie bei einem Glas Mineralwasser inmitten ihrer Ausstellung. Fotos, manchmal auch schnelle Zeichnungen in Schwarz-Weiß halten Erinnerungen fest, die später zu Hause im Atelier auf Papier oder Leinwand fortgesetzt werden. Hauptsächlich malt sie mit Acryl. Experten bezeichnen Christl Ottos Stilrichtung als überwiegend abstrakt, obwohl oft etwas Gegenständliches zu erkennen ist.

„Malen ist für mich auch Meditation“, sagt sie. „Nur fehlt es manchmal leider an Zeit.“ Ist Muße, zieht sie sich den ganzen Tag über ins Atelier zurück. Bis Hovawart Carlo bellt und an die frische Luft will. Bleibt neben vielen Repräsentationsterminen Freiraum, besucht sie andere Ausstellungen, Ballett oder Oper, so wie jüngst in Bayreuth. Ein weiteres Hobby ist das Sammeln von Stoffen und Tüchern mit unterschiedlichen Mustern aus aller Herren Länder. Aber auch im Urlaub, wie zuletzt auf Ibiza und Sylt, wird leidenschaftlich zu Stift oder Pinsel gegriffen. Bis zum Start in ein neues Werk und dem Impuls zum Loslegen braucht es durchaus intensiver Denkprozesse. „Malen findet auch im Kopf statt“, sagt sie dazu. Auf Finkenwerder ausgestellte Bilder wie „Seemannsgarn“, „Süllberg“, „Hafen Hamburg“, „Boote“ oder „Elbansichten“ aus verschiedenen Blickwinkeln und aus unterschiedlichen Jahreszeiten machen dem Betrachter auch ohne viele Worte klar, wie innig die Bindung zu einer Stadt ausfällt, die viel mehr als nur eine Wahlheimat ist.

Zwar muss Christl Otto nicht von ihrer Kunst leben, doch ist diese mehr als nur Hobby: Die Exponate auf Finkenwerder kosten zwischen 1500 und 4000 Euro. Etliche Motive sind schon verkauft.