Samantha von Bismarck und Natalie von Oswald sind seit vier Wochen die Chefinnen im Forsthaus Friedrichsruh

Friedrichsruh. Oft zeigt sich am Zustand des stillen Örtchens, wie sauber es in der lauten Küche zugeht. Das gilt auch im Ausflugslokal Forsthaus Friedrichsruh, wo alles eine sehr saubere Sache ist. Mehr noch: Es wirkt alles exquisit. Über den Spiegeln hängt das obligatorische Geweih, außerdem gibt es familienorientierte Accessoires wie Hocker und Wickeltische.

Da haben bestimmt die Frauen dran gedacht. Denn seit vier Wochen sind Samantha von Bismarck, Ehefrau von Gregor von Bismarck, und Natalie von Oswald, angeheiratete Cousine von Gregor und Ehefrau seines Cousins Alexander von Oswald, die Chefinnen. Die beiden tatkräftigen Mütter haben im Sachsenwald auf 266 Quadratmetern ein Refugium erschaffen. Seit der „Eiserne Kanzler“ Otto von Bismarck das Haus erst genehmigte, dann kaufte, war es immerzu verpachtet. Erstmals wird der Familienbesitz nun von der Familie seines Ururenkels geführt.

Voller Tatendrang haben sie das verwitterte Haus aufgemöbelt, mit schlanken Stühlen, auf denen Schaffelle ruhen, aufgepeppt, loungige Sofaecken gestaltet. Filigrane Holzlampen, knallige Wandfarben in Orange und Grün, dazu schiefergraue Wände. „Wir wollten die Klassik neu definieren“, sagt von Bismarck, „also viele moderne Einflüsse mit der Tradition kombinieren.“ Die denkmalgeschützte Halle, in der der Boxweltmeister Max Schmeling in den 1930er-Jahren vor Wettkämpfen trainierte, sich dort auf seinen berühmtesten Sieg am 19. Juni 1936 in New York gegen Joe Louis vorbereitete, ist mit großformatigen Bildern seiner Aufenthalte dort geschmückt. Die Deckenvertäfelung ist original erhalten, der Holzelch mitten im Raum dagegen ein modernes Kunstwerk. Weiteres Beispiel: Es gibt keine Tischdecken, dafür tischgroße Papierblätter mit einer Eiche aus dem Sachsenwald darauf. „Das ist auch gut zum Malen für die Kinder“, sagt die dreifache Mutter Samantha von Bismarck mit einem einladenden Lachen. Nur zu gut kennt sie es, wenn die Kleinsten vor Langeweile quengeln. Ihre Kinder Tschiki, 12, Otis, 7, und Wilhelmina, 5, hatte sie bei der Planung oft im Kopf, ebenso wie Natalie von Oswald an ihre Tochter Josephine, 20, dachte, die gerade in Los Angeles Theaterwissenschaften studiert.

Deshalb war schnell klar: Das Forsthaus Friedrichsruh, das muss ein Ort für Familien sein. Willkommen sind natürlich alle Ausflügler, ebenso die Einheimischen. „Es hat sich hier viel gewandelt, die Menschen, die in Aumühle leben, sind mittlerweile einiges jünger, viele Familien mit Kindern sind hier, nicht mehr nur ältere Herrschaften“, sagt Oswald. „Für sie und Gäste, die eine Landpartie machen, wollen wir eine entspannte Atmosphäre bieten und besondere Gerichte.“

Für den kulinarischen Pfiff konnten sie André Stolle gewinnen, der Küchenchef, der schon drei Häuser zu Michelin-Sternen geführt hat und zuletzt im Gourfleets im Hotel Steigenberger an der Heiligengeistbrücke kochte. „Der Sachsenwald ist unser Hauptlieferant“, sagt Stolle. Er und sein Küchenteam streifen durch die Wälder, experimentieren und kochen Gerichte, „die unsere Großmutter noch kannte, wir aber durch die Schnelligkeit unseres Alltags vergessen haben“. Am Ende, da gehöre die Natur doch einfach in die Küche. Und so finden sich auf der Karte neben Klassikern wie Schnitzel (19 Euro) und Beerentorte (4 Euro) auch Sachsenwald-Minze-Panna-Cotta (8 Euro), Wildschwein-Sushi (7,50 Euro) und Waldmoos-Suppe (7 Euro). Mehr regional und bio geht fast nicht. Sicher, Ausnahmen wird es geben. Bismarcks Leibspeise, Hummer, soll es als Hommage geben. Garniert mit Sachsenwald-Kräutern. „Ich wollte gern neue Reizpunkte setzen, so ein Kochen wie hier, das ist in der City von Hamburg nicht möglich“, erklärt Stolle. Dennoch genießt er es, in der Stadt zu leben und den Arbeitsplatz im Grünen zu haben.

Wie seine Chefin Oswald, sie pendelt von Ottensen aus. Hier lebt sie mit ihrem Mann, dem Musikmanager Alexander, der mit seiner Band „The all Stars“ auch am Freitagabend, wenn offiziell Eröffnung gefeiert wird, für Livemusik sorgen wird. „Ich liebe es hier“, sagt die Filmemacherin, die als Tochter einer Japanerin in New York geboren wurde, dann in Tokio aufwuchs und auf Hawaii und in San Diego lebte. Seit zwanzig Jahren ist sie in Deutschland verheiratet. „Ich kam der Liebe wegen“, sagt sie mit einem Lächeln.

Auch Samantha von Bismarck ist schon lange mit ihrem Ehemann zusammen. „Wir haben uns auf dem Internat in der Schweiz kennengelernt, seit 1996 sind wir ein Paar“, sagt die gebürtige Mailänderin. Mit ihrer Familie ist sie viel gereist, hat auf Bali und in den USA gelebt. „Aber ich brauche das Landleben.“

Samantha von Bismarck arbeitete ebenfalls als Producerin in der Filmbranche. „Deshalb kennen wir es, mit einem kleinen Budget Großes zu erschaffen“, sagt sie. Denn allzu viel Geld nahmen sie nicht in die Hand, vielmehr halfen Freunde bei der Gestaltung der Homepage oder der Logo-Entwicklung. Gregor von Bismarck ist für die Energie zuständig, schon in Kürze soll die gesamte Wärme durch Holzschnitzel – erzeugt aus seinem Sachsenwald-Energy-Holzkraftwerk – geliefert werden.

Die ein oder andere helfende Hand werden die Frauen vielleicht noch mal brauchen, denn auch für die Zukunft gibt es Pläne. Mehrere sogar : „Zum einen wollen wir den oberen Stock auch renovieren und weiteren Gastraum schaffen, dazu wollen wir das gegenüberliegende Haus zu einem kleinen Hotel umbauen, die Jagdhütte im Wald nicht nur für private Familienfeiern nutzen, sondern vermietbar machen, und dazu wird es bald unsere eigenen Produkte zu kaufen geben“, sagt Oswald.

Wer sich also ein Stück Friedrichsruh mit nach Hause nehmen möchte, der kann das dann gern tun. Und zwar in Form von Wald-Honig, Himbeer-Ketchup, Wildschweinmettwurst oder Birken-Sirup.