Eigentlich wollte Viola Fuchs Frauen mit Schuhen glücklich machen. Dann wurde sie zur „Gewürz-Königin“ von Hamburg

Eppendorf. Welches Gewürz am besten ihren Charakter beschreibt, weiß Viola Fuchs sofort: „Vanillepfeffer! Ich bin nett, aber mit Biss“, sagt die 47-Jährige und lacht, während sie sich eine braune Haarsträhne zurückstreicht und dabei unzählige Armbänder am rechten Handgelenk klingeln lässt.

Pfeffer, das merkt man sofort, hat Viola Fuchs. Sie habe immer gerne und viel gearbeitet, erzählt sie. Hineingeboren in eine Wiesbadener Familie, die nach dem Krieg anfing, mit Gewürzen zu handeln, wuchs sie als Kind quasi zwischen Edelpaprika und Lorbeer auf. Essig und Senf gehörten wie selbstverständlich zur Hausapotheke („das eine gut fürs Blut, das andere hilfreich bei Magenbeschwerden“, erinnert sie sich). Als 14-Jährige stand Viola Fuchs im mütterlichen Gewürz-Geschäft in Frankfurt hinter dem Verkaufstresen. Aber auch der familieneigene Schuhladen faszinierte sie. „Ebenso wie meine Mutter war ich schon immer von Schuhen besessen. Aus jedem Urlaubsland habe ich mir bisher mindestens ein Paar Schuhe mitgenommen“, sagt die Frau, die ganz in Schwarz gekleidet in ihrem winzigen Büro am Eppendorfer Baum 43 zwischen feinen Essig-, Öl- und Schokoladenspezialitäten sitzt.

Und so entschied sie sich 1992 nach einer Lehre zur Einzelhandelskauffrau und einer abgebrochenen Schuhmacherlehre in London, Schuhdesign zu studieren. Eine tolle Zeit sei das gewesen. In ihrer Klasse seien Leute aus der ganzen Welt gewesen, sie die einzige Deutsche. So aufregend sie ihre Studienzeit empfand – irgendwann wurde die Sehnsucht nach Deutschland größer. Aber als Schuhdesignerin Fuß zu fassen? Fast unmöglich. Also ließ sich Viola Fuchs in einer großen Firma in Hamburg anstellen, merkte aber recht schnell, dass sie lieber selbst Chefin sein wollte.

Sich mit einer Schuhboutique selbstständig zu machen, erschien ihr zu kompliziert. So wurden Violas Gewürze & Delikatessen geboren. „Meine Mutter sagte: ‚Mach doch das, was du am besten kannst: Gewürze verkaufen.“

Ihrem Traum, schicke Schuhe zu entwerfen, habe sie keine Träne nachgeweint. „Mir geht es darum, etwas Schönes zu machen, für mein Auge, aber auch für die Kunden. Und ich habe meine Gewürze einfach gern.“ Am 11. November 1997 eröffnete die fleißige Kauffrau mit dem Faible für Dekoration ihren kleinen Laden am Eppendorfer Baum und zog – als der zu klein wurde – auf die gegenüberliegende Seite, wo sich das heutige, 42 Quadratmeter große Geschäft befindet, das eigentlich nie leer ist – „höchstens mal an ganz heißen Tagen während der Sommerferien“, so Viola Fuchs.

Schnell sprach sich die Kunde von Hamburgs neuer Gewürz-Königin herum. Auch in München, wo sich Alfons Schuhbeck gerade daran machte, einen Gewürzladen zu eröffnen. Aber mit welchem Konzept? Kurzum bat der Starkoch die Hanseatin um Hilfe. Und die damals hochschwangere Viola Fuchs half. Schuhbeck dankte es ihr, indem er in Hamburg gleich auch eine Filiale aufmachte, aber weiterhin gern zu ihr kam, um einzukaufen und sich inspirieren zu lassen.

Ihr erstes exotisches Gewürz, das sie verkaufte, war Ras el Hanout – „und die Mischung ist so gut, dass wir sie seitdem nicht verändert haben“, sagt Viola Fuchs stolz. Aber auch Gulaschgewürz, Steinpilz-Risotto und das Salz „Hamburg meine Perle“, das in einer schwarz-weiß-blauen (HSV-)Mühle verkauft wird, sind Klassiker.

Wobei die Firmeninhaberin betont, kein Fußballfan zu sein, das Produkt verkaufe sich einfach sehr gut. Ebenso die auf Wunsch personalisierten Salz- und Pfeffermühlen.

Von Anfang an hat die 47-Jährige sämtliche Gewürzmischungen selbst hergestellt, zuerst im Lager- und Büroraum hinter dem Lädchen. Mittlerweile arbeiten neben den sieben bis zehn Kollegen im Laden 14 Angestellte der Violas GmbH in einer ausgelagerten Versuchsküche und testen das, was sich die Chefin ausdenkt, von einem Gewürzrezept für Spätzle bis zur deftigen Kotelett-Würze – inspiriert durch Restaurantbesuche, Messen, Zeitschriften, Vertreter oder Wünsche von Kunden. Aber auch eine Rezeptsammlung aus den 50er-Jahren dient ihr als Vorlage für zahlreiche Mischungen, die dann verfeinert werden. „Neben mir probieren zehn Kollegen die Gerichte. Wenn es allen schmeckt, kommt die Gewürzmischung in den Verkauf. Wenn es den Mitarbeitern schmeckt und mir nicht, dann nicht“, sagt Viola Fuchs. Schließlich stehe sie mit ihrem Namen für die Produkte. Und dieser Name steht mittlerweile für ein Gewürz-Imperium: Unter dem Dach der GmbH ist seit 2012 ein Franchise-Unternehmen entstanden mit Filialen in ganz Deutschland. Neben Eppendorf und einem Laden im AEZ soll im September ein Violas-Shop im EEZ und Ende des Jahres ein weiteres Geschäft in Berlin eröffnen – die dann achte Filiale.

Ihre Kinder lieben es eher traditionell – Pizza und Gulasch

Bei allem Stolz auf ihr Unternehmen – was oft zu kurz kommt, ist Zeit für ihre Familie, mit der sie in Wohldorf-Ohlstedt lebt. Viola Fuchs hat mit ihrem Mann einen neunjährigen Sohn und fünfjährige Zwillinge. „Wenn ich in den Ferien arbeiten gehe, habe ich manchmal ein schlechtes Gewissen. Aber vielleicht bin ich ja den Kindern auch ein gutes Vorbild, wenn sie sehen, dass ihre Mutter arbeitet.“ Ihr ältester Sohn liebt es zumindest, wenn Viola Fuchs aus der Versuchsküche kommt und nach exotischen Aromen duftet – „dann klettet er sich regelrecht an mich“. Kulinarisch sei der Nachwuchs leider nicht so aufgeschlossen. „Ich koche sehr gern thailändisch und probiere natürlich gern neue Gewürze aus“, sagt Viola Fuchs. „Meine Kinder stehen dagegen auf Pizza und Gulasch. Immerhin essen die Kleinen gern Sushi.“

Wenn die 47-Jährige heute auf Reisen geht, führt ihr Weg in Supermärkte und Restaurants. „Ich liebe es, landestypische Spezialitäten auszuprobieren.“ Sie habe schon Qualle, Seegurke und Ameisen gegessen. „Nur bei Hund in Taiwan habe ich gestreikt, und Schlange würde ich auch nicht hinunterkriegen“, sagt Viola Fuchs. Aber auch ihrer ersten Liebe ist sie treu geblieben: „Aus dem letzten Mallorca-Urlaub habe ich fünf Paar Schuhe mitgebracht.“