Der Musiker spricht zum ersten Mal über seine Kindheit, Vernachlässigung und unerfüllte Liebe

St. Georg. Über den Künstler Udo Lindenberg, 68, wissen seine Fans (fast) alles. Aber was für ein Kind war er? Darüber sprach der Dauergast des Hotels Atlantic jetzt mit „Spiegel Online“.

Lindenberg über seine ersten Kontakte mit Alkohol: „Ich habe mit 13 schon angefangen Alkohol zu trinken und zu rauchen. Regelmäßig nach der Schule ging ich in die Kneipe und trank drei Bier, war dann schön schwindelig und ging dann nach Hause zu meiner Mutter. Sie war immer wahnsinnig verständnisvoll. Ich erzählte ihr dann, dass ein Bierchen auch Vitamine hätte und Mineralstoffe. Ich wollte schnell ein Großer sein.“ Auch über seine Geschwister spricht Lindenberg fast nie. Jetzt sagt er: „Es gab einen großen Bruder, ein Vorzeigekind, Erich, schon so in Weiß gedresst, ein sehr schlauer, feiner Junge, und dann sollte ein Mädchen kommen. Dann kam aber ein Knabe, nämlich ich. Meine Eltern waren doch ein bisschen enttäuscht. Ein Jahr nach mir kamen Zwillinge, die eine Sensation waren, zwei so süße Mädchen. Und der Junge dazwischen lief halt so mit.“ Er glaubt, dass er sich ab und zu vernachlässigt gefühlt habe.

Über die Trommelei habe er auf sich aufmerksam gemacht, vielleicht sei das auch wie so ein Ruf: „Hey, ich bin auch hier!“ gewesen. „Die Trommel war mein Ein und Alles. Dann bin ich mit 15 auch schon von zu Hause abgehauen, also richtig weggezogen – nach Düsseldorf.“ Er habe eine Kellnerlehre gemacht. „Das war so à la Felix Krull. Es gab einen Schiffssteward, der kam immer zu uns nach Gronau und erzählte von seinen Weltreisen, von New York und anderen Orten. Der empfahl mir, wenn ich die weite Welt sehen wollte, sollte ich erst einmal im Breidenbacher Hof in Düsseldorf eine Kellnerlehre machen.“ Aber nach einem Jahr sei es schon als Profimusiker losgegangen.

Am meisten gehasst habe er die Feiertage in Gronau. „An diesen kirchlichen Trauertagen musste man auf seine Klamotten achten und durfte dann auch nicht im Dreck spielen. Man ging dann mit der Mutter und irgendwelchen Tanten auf den Friedhof. Und der Vater saß in der Kneipe und besoff sich.“ Lindenberg: „Manchmal kam er auch drei Tage nicht nach Hause, er schlief dann in der Kneipe.“

Lindenbergs erste große Liebe war eine Sportlerin: „Ich war 14, sie war älter als ich und ging auf das Gymnasium. Sie fand mich zwar ganz nett, aber eigentlich war sie schon vergeben an einen Jungen vom Gymnasium. Das war ja damals so, die Mädchen vom Gymnasium gingen nicht mit einem Jungen von der Realschule. Vielleicht habe ich deshalb später die großen Lovesongs der Sehnsucht, der unerfüllten Liebe schreiben können – wegen dieser unerfüllten Liebe.“