Caroline Ost hat an der Eliteuniversität promoviert. Jetzt verdient sie ihr Geld mit Mode. Blusenladen im Kaufmannshaus

Neustadt. „Pfiffig“ hätte man sie früher genannt, heute sagt man „tough“: Caroline Ost ist 33 Jahre alt, Juristin, hat an der amerikanischen Eliteuniversität Harvard promoviert und ist jetzt Unternehmerin. Heute Abend wird sie ihre Kunden mit einem kleinen Geschenk nach Hause schicken: Spezialwaschmittel für Seide. Was die Gäste damit reinigen sollen, hat Caroline Ost passenderweise im Angebot: Blusen.

In ihrem Laden Stars Incognito im Kaufmannshaus an den Großen Bleichen verkauft sie ausschließlich die edlen Teile. Und dafür hat sie erst einmal Jura studiert? „Genau“, meint die Frau mit dem lässig gesteckten blonden Haarknoten. „Jura ist wahnsinnig kreativ“, versichert sie glaubhaft. Als Quereinsteigerin entdeckte sie die Modewelt für sich. Und als Tochter eines Hamburger Kaufmanns träumte sie immer davon, selbstständig zu sein, ein eigenes Geschäft zu betreiben. Zunächst studierte sie jedoch Rechtswissenschaften in Augsburg.

Caroline Ost absolvierte beide Staatsexamen, machte das Referendariat. Und entschloss sich dann, dank bester Abschlussnoten und einiger persönlicher Kontakte, ihre Promotion in Harvard anzugehen. Es sei ja „relativ schwierig“, an der Ostküsten-Uni ohne Stipendium aufgenommen zu werden. „Die Chance musste ich einfach ergreifen.“ Die Zeit an der amerikanischen Eliteuniversität sei für sie die logische „Komplettierung des Studiums“ gewesen. „Außerdem hatte ich einfach so viel Spaß an Jura“, sagt sie so überzeugend, dass man es glauben muss.

Knapp zwei Jahre schrieb sie über das „Internationale Vertragsrecht“ und bekam ihren Doktortitel mit gerade mal 30 Jahren verliehen. „Ich musste Gas geben, ich wollte ja schließlich noch ein Modelabel gründen“, sagt sie. „Jura und Mode, das war in den Staaten natürlich das totale Kontrastprogramm. Modischer Höhepunkt in der recht konservativen, akademischen Welt war das Harvard-Uni-Shirt.“

Doch die Zeiten des einheitlichen Erscheinungsbildes liegen hinter der Juristin. Das ist augenscheinlich. Caroline Ost trägt zum Gespräch eine leichte Seidenbluse (was auch sonst?) mit Leomuster und Swarowski-Steinen, kombiniert dazu Jeans und pinkfarbene Pumps. Früh habe sie ihre Lust an und auf Mode entdeckt.

Deshalb arbeitete sie bereits nach dem ersten Staatsexamen zwei Jahre bei einer Modeagentur, die hochklassige Marken vertrieb. „Dann durfte ich erst mal Kisten auspacken und Sachen aufbügeln“, erinnert sie sich. „Als ich das dann ganz gut konnte, habe ich die Marke Jet Set St. Moritz vertrieben.“ Caroline Ost sagt das ganz trocken. Für sie sei es gut gewesen, das Geschäft von der Pike auf zu lernen.

Sonst wäre sie wohl auch nie im Kaufmannshaus gelandet, mit dem eigenen Laden. Aktuell finden sich in dem Geschäft mit den grau getünchten Wänden elf Modelle der feinen Klamotte, alle in mehreren Farben; bedruckt, mit Steinen besetzt und in sechs verschiedenen Seiden-Qualitätsstufen erhältlich. Der stolze Preis pro Bluse liegt zwischen 189 und 399 Euro. „Die sogenannte 4ply-Seide ist beispielsweise einer der edelsten Stoffe überhaupt, mit einem besonders stark gewebten Garn. Diesen Stoff verwenden wir“, sagt Ost, „aber auch Seidenarten wie Crêpe de Chine und Georgette.“

Bedächtig streicht sie über den Ärmel einer hellbraunen Bluse mit Drachenprint. Sie kennt alle Details über die Stoffe und Fertigungsschritte, ist fit, hat Fachwissen. Die Akribie, die auch die Arbeit als Juristin auszeichnet, hat sie auf die modische Welt übertragen. Und es hört sich aus ihrem Mund nicht dröge und langweilig an, sondern wie eine fesselnde Geschichte.

Alle Designs hat sie mit ihrem Mann Karsten gemeinsam entwickelt. Zusammen führen sie auch den Laden, verantworten die Selbstständigkeit und machen Entwürfe. „Wir haben ein gutes Auge für schöne Dinge und eine hohe Affinität zum Asiatischen“, sagt sie. „Die Idee zu diesem Modell hatte ich, als ich einen alten japanischen Paravent gesehen habe. In einem Verkaufskatalog von Christie’s war das, glaube ich.“ Gut kann man sich vorstellen, wie das Ehepaar Ost abends in seiner Wohnung in Rotherbaum sitzt und den Katalog des Auktionshauses gemeinsam durchblättert. Einrichtung, Design, das sind die Themen, die beide einen und interessieren.

2009 begegneten sich Caroline und Karsten Ost. Bei ihrer ersten Station im Modebetrieb. „Herr Ost war damals Kopf des Design-Teams und der Produktion einer großen Marke“, erklärt sie. Er unterstützte sie während ihrer Zeit in den USA, ebenso ließ er sich von ihrem Eifer und Elan in puncto Selbstständigkeit mitreißen. „Schon mein Vater war selbstständig, ich bekam das immer vorgelebt“, sagt sie. „Für mich gab es nie eine Alternative zu einem eigenen Geschäft.“ Nun hat sie ihren Traum verwirklicht.

Pfiffig und tough.