Der Anglo-German Club lud zum generationsübergreifenden Grillen – allerdings ohne weibliche Begleitung. Frauen dürfen ohnehin nicht Mitglied werden.

Harvestehude. Die Einladung war eindeutig adressiert: an Großväter und Väter, Söhne und Enkel. „Männergrillen“, so könnte man es lapidar umschreiben. Am Mittwochabend hatte der Vorstand des Anglo-German Clubs zu diesem generationsübergreifenden Herrenabend geladen.

„Eine Premiere“, sagt Vorstandsmitglied Hans-Wilhelm Jenckel. „Bei allen anderen Veranstaltungen sind uns Frauen immer herzlich willkommen.“ Zumindest als Begleitung. Denn gemäß der Vereinssatzung dürfen Frauen nicht Mitglied in dem exklusiven Herrenclub am Harvestehuder Weg werden. Etwas antiquiert, könnte man meinen. Die Frauenquote ist hier wohl kein Thema? Oh doch. Denn auch wenn keine Frauen anwesend waren, so wurde doch über sie gesprochen. „Unsere Marke ist nun mal, dass wir ein Gentlemen’s Club sind“, so Jenckel, „dennoch schließe ich Änderungen nicht aus, sofern sie behutsam vorangebracht werden.“

Die 1100 Mitglieder kommen aus der Hamburger Gesellschaft, sind Männer, die die britisch-deutschen Beziehungen und den Ursprung des Clubs pflegen. Claus-Günther Budelmann ist als langjähriger Vorstand mindestens einmal pro Woche und natürlich zu den Veranstaltungen an der Alster anzutreffen. Übrigens immer mit seiner Frau Annegret. Zur Tradition des Clubs erklärt Budelmann: „Zur Besatzungszeit nach dem Krieg war in diesem Haus der Treffpunkt der britischen Offiziere. Sie haben immer wieder Hamburger Persönlichkeiten zu sich eingeladen, um die deutsch-britischen Verbindungen zu stärken. Daraus entstand nach dem Vorbild englischer Clubs dann der Anglo.“ ‚Anglo‘, so nennt der 69-Jährige seinen Club liebevoll.

Und die Briten hätten nun mal keine weiblichen Mitglieder zugelassen. „Wir hatten immer wieder dieses Thema “, sagt Budelmann. „Relativ früh haben wir unsere Regeln gelockert, anfangs durften die Damen erst ab 16 Uhr kommen.“ Mittlerweile seien Frauen zu jeder Uhrzeit gern gesehen. „Wir würden niemals eine allein kommende Dame abweisen, wenn sie sich für einen Vortrag interessiert und vor der Tür steht“, so der britische Honorarkonsul.

Die Tradition zu wahren, sich dabei Neuerungen nicht zu verschließen, das ist – garniert mit einem kleinen Augenzwinkern – die Attitüde, mit der der Vorstand um Budelmann den Club lenkt. Sie würden wohl elitärer wahrgenommen, als sie wirklich seien, meint er. Krawattenzwang gebe es inzwischen nicht mehr; beim Grillabend war der pure Hemdkragen sogar explizit erwünscht.

Schatzmeister Gunter Mengers ist immer ohne Binde unterwegs, er kombinierte sein Hemd mit einem legeren Baumwolljackett. Und kam mit seinem Sohn Lars, 41. Der ist längst in den Club aufgenommen. Er unterstützte jedoch den Vater bei der Mission, dem Nachwuchs unter 20 ein Gefühl für die Institution zu vermitteln – für diesen besonderen Herrenclub mit saftigen Steaks und nährenden Gesprächen. „Und da wollten wir nicht, dass die jungen Männer nur den Damen hinterher sehen und ihnen schöne Augen machen“, erklärt Mengers die Abwesenheit weiblicher Begleiterinnen.

Der Club, der auch Studienstipendien vergibt und den Austausch von deutschen und britischen Hochschülern unterstützt, hat laut eigener Aussage nicht zu wenig Mitglieder, mit Blick auf die Zukunft sollen aber jüngere Männer nachfolgen.

Am Mittwochabend prägten also marineblaue Sakkos und helle Hosen das Bild, rund 50 Gäste waren gekommen. Auf vier Generationen brachte es niemand. Spitzenreiter war Edgar Nordmann. Mit seinen Söhnen Axel, 47, und Patrick, 40, und Enkel Levi, 14, genoss er den Sommerabend. Levi brachte das Gefühl für den Abend treffend auf den Punkt: „Es ist toll hier, ich hatte mir die Homepage vom Club angeschaut und fand das schon gut“, sagte der Jugendliche, der ab September in England zur Schule gehen wird. „Für heute finde ich es okay, dass keine Frauen da sind, sie kommen ja sonst immer mit.“

Ähnlich auch die Meinung von John Huth, fast 15 Jahre alt. „Ich unternehme gern auch mal was mit meinem Vater allein, denn meine Schwestern wollen immer eher ruhigere Sachen machen.“ Vater Niklas und er treffen sich so oft wie möglich zum Skateboardfahren oder basteln zusammen an einem Oldtimer.

Etwas altmodisch klingen aus heutiger Sicht die Gründungsgedanken britischer Gentlemen’s Clubs, Vereinigungen männlicher Angehöriger der Oberschicht. Den Höhepunkt ihrer sozialen Bedeutung erreichten die Clubs im späten 19. Jahrhundert. Damals wurden weniger Veranstaltungen mit Musik oder Vorträgen bekannter Politiker oder Persönlichkeiten aus Kultur oder Wirtschaft angeboten, vielmehr diente der Club den Herren als zweites Heim, in dem sie sich entspannen und essen konnten. Außerdem bot das „Herrenhaus“ Mitgliedern Zuflucht vor Ehezwist. Es heißt, manch ein Ehemann habe mehr Lebenszeit im Club als zu Hause verbracht.

Nichts, was Budelmann erstrebenswert findet. „Der Club muss die schönste Nebensache der Welt sein.“ Nicht mehr, nicht weniger. „Hier flüchtet keiner vor seiner Ehefrau.“ Vielmehr habe er es als junger Mann genossen, in der Gemeinschaft Ratschläge bekommen zu haben, die ihn inspiriert hätten. Der Club soll eine „wunderbare Begegnungsstätte“ bleiben. Für Männer. Und vielleicht irgendwann auch für Frauen.