Hanz Geeratz joggt in der Sahara und sammelt Spenden für das Hospiz Sternenbrücke

Othmarschen. „Eigentlich mag ich Sand nicht besonders“, sagt Hanz Geeratz, als er am Elbstrand auf die Redakteurin und ihren Fotografen trifft, im Rücken das Café Strandperle. Während die ersten Sonnenanbeter am Vormittag ihren Milchkaffee schlürfen und ein paar Nordic Walker mit letzter Kraft ihre Stöcker in den Sand spießen, kommt der Hamburger Unternehmer in professioneller Laufkleidung locker angetrabt.

Er ist aber nicht zum Spaß, sondern zu Trainingszwecken hier. „Dies ist meine normale Laufstrecke von der Arbeit nach Hause in Lurup“, sagt Geeratz, dessen extrem gepiercte Ohrläppchen und rote Sonnen-Tattoos am Hals sofort auffallen. Ein letztes Mal Joggen mit „Meerblick“, bevor es um einige Grad heißer und um einiges anstrengender werden wird: Am Sonnabend will der 49-Jährige an einem der härtesten Läufe der Welt teilnehmen, dem Marathon des Sables, was übersetzt Marathon des Sandes heißt.

Zur Einstimmung schickt der Wüstensturm einen kleinen Vorgeschmack an die Elbe, nur mit Mühe kämpft sich die Sonne durch den diesigen Himmel, lässt den hoch motivierten Sportler blinzeln. 260 Kilometer durch die südwestliche Sahara in sechs Tagen, verteilt auf Etappen zwischen 30 und 80 Kilometern pro Tag – warum diese Quälerei? „Ich will einfach frisch im Kopf bleiben. Seit meinem 40. Geburtstag habe ich mir vorgenommen, jedes Jahr etwas Neues auszuprobieren“, sagt Geeratz. Er war schon mit der englischen Armee beim Survival-Training in Schottland und zum Schweigen im Zen-Kloster, „das war echt hart.“ In der Sahara wollte er schon immer mal „Urlaub machen“. So ist dieses Jahr also der Wüsten-Marathon an der Reihe.

Es geht ihm um das Miteinander beim Laufen, nicht um das Gegeneinander

„Ich laufe seit vier Jahren. Bei meinem ersten Kilometer habe ich damals gedacht, ich würde sterben“, sagt Geeratz. Dann fing er an, zusammen mit einem Freund zu trainieren. Seitdem macht er nur noch bei Ultramarathons, also Läufen jenseits der 40-Kilometer-Marke, mit, „weil es da um das Miteinander und nicht um das Gegeneinander geht. Wenn man bei einem Mitläufer merkt, es geht gerade nicht so gut, dann begleitet man ihn ein Stück und unterstützt ihn damit. Das Ankommen ist wichtig, nicht das Gewinnen.“ Auch beim „Marathon des Sables“ soll die Atmosphäre unter den Teilnehmern enorm sein, berichtet Geeratz mit seinem sympathischen niederländischen Akzent. „Wenn man abends zusammen im Zelt hockt und die Füße schmerzen, sitzen eben alle im gleichen Boot.“

Vor zehn Jahren zog es ihn beruflich aus der Mitte Hollands nach Hamburg, er arbeitete bei „Dotcom-Firmen“, wie er es nennt, flog auch mal mit dem Helikopter zum Kunden. Völlig übertrieben fand er das und dachte: „Das kann ich besser.“ Vor acht Jahren gründete der Unternehmer die kleine Softwarefirma Speicher 210 an der Spaldingstraße. Der Zusatz „100 % fair“ steht für Fairness sowohl den Kunden als auch den Mitarbeitern gegenüber. Und auch soziales Engagement gehört zum Firmencredo. So unterstützen Hanz Geeratz und seine acht Mitarbeiter ein Medizinprojekt in Kenia, kürzlich wurde der Sonderpreis „100 % fair“ bei „Jugend forscht“ gestiftet.

So hat die Quälerei auch noch einen anderen Grund, denn Hanz Geeratz wird sich für einen guten Zweck durch die Wüste schleppen: Für jeden gelaufenen Kilometer hat er Freunde, Familienmitglieder, Kollegen und Kunden gebeten zu spenden. Das Geld, das über die Internetplattform Better Place eingesammelt wird, soll dem Hamburger Kinderhospiz Sternenbrücke zugutekommen. „Bis jetzt haben wir schon fast 1000 Euro zusammenbekommen“, sagt Geeratz. „Lauf, Forrest, lauf“, hat ein Spender in Anlehnung an den Film „Forrest Gump“ im Betreff seiner Überweisung geschrieben – „das finde ich sehr schön.“

Als ihn sein Sohn fragte, wie viel er geben soll, hat er ihm geantwortet, dass es nicht um eine bestimmte Summe gehe, sondern darum, überhaupt ein Bewusstsein für die Situation anderer Menschen zu entwickeln. „Bei meinen Läufen komme ich oft an dem Grundstück der Sternenbrücke in Rissen vorbei und sehe die Kinder in den Rollstühlen, die trotz ihrer Krankheit so unglaublich tapfer sind. Das nimmt mich immer sehr mit. Da ich die Arbeit des Hospizes sehr bewundere, wollte ich die Einrichtung mit meinem Lauf unterstützen.“

Er selbst ist Vater von vier Kindern und sehr dankbar dafür, dass sie alle gesund sind. Sie fänden es ziemlich cool, dass er durch die Sahara joggt, machten sich aber auch ein bisschen Sorgen um ihn. „Ich weiß nur, dass ich am Donnerstag nach Marokko fliege und der Marathon im Süden in Ouarzazate, der Pforte zur Wüste, beginnt. Der weitere Streckenverlauf ist geheim“, so Geeratz. Die größte Herausforderung sei, dass die Füße gesund bleiben. Respekt habe er vor der Länge der Etappen. „Zwar laufe ich am Wochenende regelmäßig Strecken zwischen 30 und 40 Kilometern, aber nie sechs Tage hintereinander.“ Auch die Temperaturen, die am Tag bei über 30 Grad und nachts bei acht Grad liegen, werden dem Hamburger einiges abverlangen. „Ich habe ja keine Erfahrung mit diesem Klima.“

Die nächste Herausforderung, ein Dschungel-Marathon, steht schon fest

Außer Wasser und einem Zelt zum Übernachten stelle die Organisation den Läufern nichts, jeder ist für seine Versorgung selbst verantwortlich. Neben Frühstücksbrei und Fitnessriegeln hat Geeratz Chips und Erdnüsse in seinen Rucksack gepackt. Ob er abends tatsächlich Appetit auf seine Tütenspaghetti vom Ausrüster habe? „Keine Ahnung, wahrscheinlich geht es am Ende nur noch darum, den Körper mit Energie zu versorgen“, so Geeratz. Ganz so entspannend wie seine Wochenendläufe durch den Volkspark oder an der Elbe wird die Wüstentour sicherlich nicht. „Ein bisschen was von Sucht ist beim Laufen aber immer dabei.“

Der strikte Vegetarier, der am liebsten als Hausmann bei der Familie bleiben würde, wenn er es sich leisten könnte, hat auch schon die nächste Herausforderung im Blick: Im kommenden Jahr will Hanz Geeratz beim Dschungel-Marathon mitlaufen.

Wer Hanz Geeratz bei seinem Lauf begleiten möchte, kann seinen Blog besuchen unter www.geeratz.cc. Spenden für das Kinderhospiz Sternenbrücke sammelt www.betterplace.org.