Barmbeker Modedesignerin Julia Starp schneidert Mode und Taschen aus alten Werbeplanen

In einer ruhigen Seitenstraße im Stadtteil Barmbek befindet sich das Atelier von Modedesignerin Julia Starp. An den Wänden hängen Skizzen, auf dem Tisch liegen Stoffe und Nähutensilien. Der Raum ist klein, aber in den eigenen vier Wänden zu arbeiten, so wie während ihres Studiums an der Modeakademie JAK, käme für die 30-Jährige heute nicht mehr infrage. „Dann hat man nie richtig Feierabend, und außerdem liegen überall Nadeln herum“, sagt Julia Starp.

Zu Beginn ihrer Selbstständigkeit vor vier Jahren hat sich die Hamburgerin ihren Arbeitsplatz im Dohlenweg2 eingerichtet. Dort entwirft sie ihre Kollektionen, bevor diese in einer Behindertenwerkstatt, den Elbe-Werkstätten, produziert und schließlich auf den internationalen Laufstegen präsentiert werden. Der jungen Designerin sei es sehr wichtig, dass ihre Ware an Orten gefertigt wird, an denen faire und transparente Arbeitsbedingungen herrschen. Zudem lege sie viel Wert auf die Qualität der Materialen. „Ich orientiere mich an den Prinzipien der Nachhaltigkeit“, erklärt Starp.

Die Bezeichnung Eco-Designer benutzt Starp nur ungern – „man kann nie zu 100 Prozent nachhaltig arbeiten.“ Trotzdem versuche sie soweit es eben möglich ist, Produkte, Infrastrukturen und Dienstleistungen über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg im Sinne der Nachhaltigkeit zu gestalten.

Eine Möglichkeit ist die Verwendung von sogenanntem Demeter-Leder. „Die Demeter-Zertifizierung garantiert, dass das Rind mindestens drei Jahre auf der Weide gestanden hat“, erklärt Starp. „Die Haut des Tieres wird anschließend pflanzlich gegerbt“. Dieses Leder kostet zwar mindestens das Doppelte, doch das ist es der Hamburgerin wert. „Auch wenn es dem Kunden möglicherweise egal ist, mir ist es wichtig zu wissen, wo die Materialen herkommen und dass die Tiere unter guten Bedingungen gelebt haben. Das ist mein Maßstab“, betont Starp.

Das neueste Projekt der Designerin basiert auf einer Kooperation mit der Otto GmbH und widmet sich dem Thema Recycling. „Viele alte Dinge sind zu schade, um auf dem Müll zu enden. Dazu möchten wir unseren Teil beitragen“, sagt Benjamin Köhler, Projektmanager Corporate Responsibility bei Otto. Ausgemusterte Werbeplakate werden deshalb seit einigen Monaten nicht mehr entsorgt, sondern an Julia Starp weitergegeben. Und die hat aus den rund zehn mal zehn Meter großen Postern Taschen, iPad-Hüllen, Jacken und sogar ein Prêt-à-porter-Kleid entworfen – einige der Stücke waren bereits im Juni auf der Fashion Week in Berlin zu sehen.

„Die Leute waren begeistert, als sie erfahren haben, aus welchem Material die Kleider sind“, sagt Starp. Die ihr zur Verfügung gestellten Planen stammen von einer großen Plakatwand an der Kreuzung Wandsbeker Straße/Bramfelder Chaussee direkt am Haupteingang der Unternehmenszentrale. Jedes Jahr gibt es dort rund zehn Plakatwechsel. Eines misst etwa 100 Quadratmeter – für die Herstellung einer Tasche werden rund 1,5 Quadratmeter Material benötigt, damit lassen sich aus dem Material rund 700 Taschen jährlich herstellen. Das Hamburger Versandhaus hat in der Vergangenheit schon mehrmals mit der jungen Künstlerin zusammengearbeitet.

Zwei Ecorepublic-Kollektionen, bei deren Herstellung ausschließlich nachhaltige Stoffe verwendet wurden, hat sie bereits für den Otto-Katalog entworfen. Die von Starp kreierten Taschen werden aber nicht über das Versandhaus angeboten, da es sich um Unikate handelt: Jede Plane sieht anders aus und wird unterschiedlich verarbeitet, „jedes Modell hat somit einen individuellen Look“, sagt Starp.

Von September an können die einzigartigen Taschen sowie iPad-Hüllen und Schlüsselanhänger bei Levantedesign, einem kleinen Designerladen im Levantehaus an der Mönckebergstraße, gekauft werden. Der Preis einer Tasche liegt, je nach Größe und Modell, zwischen 80 und 120 Euro. Die anderen Accessoires können für einen Preis ab etwa zehn Euro einen neuen Besitzer finden. Produziert werden soll die Kollektion auf Wunsch der Designerin in einer Behinderten-Werkstatt im Kreis Dithmarschen.