Politiker und Journalisten feierten beim 64. Hamburger Presseball im Hotel Atlantic. Hauptgesprächsthema: Wie nah darf man sich kommen?

Hamburg. Was im Jahr 1901 in Sagebiels Etablissement an der Drehbahn als "Ball für Schriftsteller und Bühnenkünstler" begann, hat sich im Laufe des vergangenen Jahrhunderts zu einem der wichtigsten Medienereignisse der Hansestadt entwickelt und zählt heute zu den gesellschaftlichen Höhepunkten der Ballsaison: der Hamburger Presseball. Am Sonnabendabend feierte er im Hotel Atlantic seine 64. Ausgabe, und diese bot den 800 Gästen, darunter zahlreiche Vertreter aus Medien, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, ein buntes Programm mit vielen Höhepunkten.

Nach einem Empfang im Foyer des Hauses wurden die Anwesenden von den Gastgebern Karsten Lüchow und Jürgen Heuer begrüßt. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hielt eine kurze, aber recht optimistische Rede über die Stärke Hamburgs als Medienstandort. Es folgten ein köstliches Gala-Dinner und die Verleihung des Erich-Klabunde-Preises des Deutschen Journalisten-Verbands Hamburg, mit dem jedes Jahr sozialkritisch und sozialpolitisch herausragende journalistische Arbeiten ausgezeichnet werden. In diesem Jahr ging der mit 2.500 Euro dotierte Preis an die Redakteure Anita Blasberg und Christian Denso für ihre in der Zeit erschienene Reportage "Unter Menschen".

Den Ehrenpreis für überragendes soziales Engagement in den Hamburger Medien erhielt die ehemalige Abendblatt-Redakteurin und Gründerin des Vereins "Kinder helfen Kindern", Renate Schneider. "Mir ist es nicht schwergefallen, etwas Gutes zu tun, da ich das Hamburger Abendblatt immer im Rücken hatte", sagte sie bei der Preisübergabe. Axel Springer selbst habe sie ermutigt, sich für die Menschen in dieser Stadt einzusetzen. Für ihre vielen Initiativen hat die Hamburgerin insgesamt mehr als 12 Millionen Euro gesammelt. Ein Einsatz, der nun auch von den Medien gewürdigt wurde.

"Die Presse sollte sowieso viel mehr über Positives berichten", findet die Landesverbandsvorsitzende vom Verband Deutscher Unternehmerinnen, Kristina Tröger. Oft würden die negativen Schlagzeilen die Medienagenda beherrschen, so Tröger weiter. Die aktuelle Debatte im "Stern" um das Verhalten von FDP-Politiker Rainer Brüderle sei ein gutes Beispiel dafür, dass viele Medien förmlich nach Skandalen suchten, findet Fernsehmoderator Uli Pingel. "Gesucht, gefahndet, gefunden." Egal, was an den Anschuldigungen wahr sei, es sei sehr merkwürdig, dass diese Geschichte genau zu dem Zeitpunkt publik worden sei, als Herr Brüderle zum Spitzenkandidaten erklärt wurde.

Gerade die aktuelle Diskussion natürlich lässt die Frage aufkommen, ob Journalisten und Politiker sich möglicherweise zu nahestehen. "Das kommt auf den Einzelfall an", sagte Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Dorothee Stapelfeldt. "Zur journalistischen Recherche gehört, dass auch gute und vertrauliche Gespräche entstehen. Aber wo es notwendig ist, muss auch Distanz gewahrt werden", so Stapelfeldt weiter. Ein professionelles und vertrauensvolles Miteinander sei nach wie vor von großer Bedeutung.

Man könne den Fall Brüderle nicht pauschalisieren, meinte auch Finanzsenator Peter Tschentscher. In seinem Amt sei das Verhältnis zur Presse keineswegs zu eng und immer sehr professionell. "Es ist ausgewogen und sachbezogen, auch wenn es manchmal sehr anstrengend ist, da man sehr auf seine Wortwahl achten muss", so der Senator.

"Das Kunststück ist die Balance", sagt der Hamburger Verleger und Publizist Wolfgang E. Buss zu diesem Thema. Eine Feindschaft bringe niemanden weiter, geheime Absprachen auch nicht. Nicht nur die Politiker, auch "die Medien müssen heutzutage auch um Aufmerksamkeit kämpfen". Es sei eine Herausforderung, jeden Tag etwas "Spannendes" zu liefern - das müsse man bedenken. Für das politische Geschehen hätten derlei Enthüllungen eigentlich keine Relevanz, meint Buss.

Am Ende hielten weder die Diskussionen um die Herrenwitze eines Politikers noch die anhaltende Debatte über eine angebliche Krise der Medien die Anwesenden vom gemeinsamen Feiern ab. Gegen 22 Uhr marschierten die Debütanten der Tanzschule Die Schrittmacher zum Ballauftakt im großen Festsaal des Hotels ein, und dann durfte endlich getanzt werden. Von Walzer bis Salsa, für jeden Geschmack war etwas dabei, und zu späterer Stunde sorgte Stargast Hugo Egon Balder mit seiner Band Rudolf Rock & Die Schocker dafür, dass auch die Rock-'n'-Roll-Fans auf ihre Kosten kamen. Eine Verschnaufpause gab es erst zur traditionellen Tombola um Mitternacht, danach wurde bis in die Morgenstunden weitergetanzt.

Journalisten, Politiker, Schauspieler und Wirtschaftsbosse - sie alle waren in dieser Nacht fröhlich und friedlich auf dem Parkett vereint.