Werner Thissen zeigt sich bei dem Neujahrsempfang seines Schulverbands schlagfertig. Senator Rabe überrascht mit Bekenntnis.

Altstadt. Der Neujahrsempfang des Katholischen Schulverbands scheint Erzbischof Werner Thissen zu liegen. Vor einem Jahr schmetterte der Geistliche spontan eine Verdi-Arie, gestern erwies sich Thissen als ausgesprochen schlagfertig. In einer kleinen Talkrunde hatte Abendblatt-Redakteurin Vanessa Seifert gefragt, wie er sich in einer weltlichen Stadt wie Hamburg fühle, wo die Kirche auf dem Rückzug sei.

"Wie kommen Sie auf Rückzug? Es gab seit der Reformation noch nie so viele Katholiken in Hamburg wie heute", konterte der Erzbischof gut gelaunt. Derzeit gehören gut 180.000 Hamburger (10,3 Prozent) der katholischen Kirche an. Rund 650 Gäste im Börsensaal der Handelskammer - zumeist Eltern, Kinder und Lehrer der 21 katholischen Schulen in Hamburg - quittierten Thissens Antwort mit kräftigem Applaus. Schulsenator Ties Rabe (SPD) überraschte mit dem Bekenntnis, er habe "aus Trotz" Religion studiert. "Meine Eltern waren beide nicht in der Kirche", sagte Rabe, der als Lehrer bis vor zwei Jahren auch Religion unterrichtet hat. Es war ein lebhafter und stimmungsvoller Neujahrsempfang mit musikalischen Einlagen von Schülern der katholischen Schulen. In einem engagierten Impulsreferat ging der Bochumer Pastoraltheologe Prof. Matthias Sellmann dem Thema des Empfangs nach: der Zukunft der katholischen Schulen. Der Wissenschaftler wehrte sich gegen das Selbstverständnis mancher Schulen als "gegenkulturelle Kaderschmieden", die vor allem konservative Werte vermitteln wollten. Sellmann setzte dagegen das Konzept einer "Schule des Guten", in der nicht Konfession und Taufe im Mittelpunkt stehen. "Es gibt keinen grundsätzlichen Unterschied zu den nicht katholischen Schulen", sagte der Wissenschaftler, der mit seinen Thesen bei dem einen oder anderen Gast angeeckt sein dürfte.

Die aktuelle Schulpolitik blieb - wohldosiert - auch auf dem Empfang nicht ausgespart. "Für die Rechte der Kinder muss ein Generalvikar auch mal bissig werden", sagte Generalvikar Franz-Peter Spiza, Verwaltungsratsvorsitzender des Schulverbandes. Der Satz, für den es starken Beifall gab, zielte auf den vor ihm sitzenden Schulsenator. Seit Monaten streiten sich katholischer Schulverband und Schulbehörde über die Finanzierung der Ganztagsbetreuung. Er hoffe, so Spiza, dass es "eine aus unserer Sicht faire Lösung für unsere Schulen" gebe. Rabe blieb in seiner Antwort allgemein: "Ich wünsche mir, dass die katholischen Schulen in den Ganztag gehen. Das ist ein steiniger Weg." Fast jeden Tag gebe es Forderungen nach mehr Geld an ihn aus unterschiedlichen Bereichen. Es sei unmöglich, alle Wünsche zu erfüllen. "Aber es wird schon klappen. Das zu sagen, ist mein Job", sagte der Senator. Eine Zusage hört sich anders an.

Ausdrücklich bekannte sich Rabe zum Wettbewerb unter den Schulen - auch zwischen staatlichen und nicht staatlichen. "Das ist nicht ungebührlich, sondern vernünftig", betonte Rabe. Zwar gebe es anders als häufig behauptet keinen allgemeinen Trend zu den Privatschulen. "Aber Wettbewerb führt zu mehr Schulqualität", sagte Rabe. Das werden die Zuhörer gern gehört haben. 9400 Schüler besuchen die 21 katholischen Schulen. Der Migrationsanteil beträgt bis zu 75 Prozent.

Neujahrsempfangs-Check 2013 Name: Neujahrsempfang des Katholischen Schulverbands; Ort: Handelskammer, Börsensaal; Gästezahl: ca. 650; Reden: zwei; Länge der Reden: 18 Minuten; Hauptthema: die Zukunft der katholischen Schulen