In Griechenland lernte Georgios Engonidis zu malen, in Hamburg wurde er mit seiner Kunst berühmt. Die Geschichte einer Liebe.

Bahrenfeld. Angefangen hat alles zu Beginn der 80er-Jahre mit dem alten Mann und dem Meer. Tag für Tag saß der in Korinos, einem kleinen griechischen Ort, am Wasser und malte Boote. Regelmäßig besuchte Georgios Engonidis den "Opa" und beäugte neugierig dessen sorgfältige Pinselstriche. "Anfangs hat er mich weggescheucht, dann aber zahlte sich meine Hartnäckigkeit aus, und er gab mir Farben zum Malen", erinnert sich der Künstler, der schon lange nicht mehr in dem kleinen griechischen Ort lebt, sondern in Hamburg. Hier verkaufen sich seine Werke so gut, dass er davon leben kann. Zu seinen Kunden zählen Hamburger Prominente wie "Tagesschau"-Sprecher Marc Bator. In den Designhotels Gastwerk, The George und 25 hours ist er seit etwa zwölf Jahren für die dekorativen Veränderungen zuständig.

1983 zog der damals erst 16-Jährige von Griechenland zurück nach Deutschland. Zurück? 1967 war Georgios Engonidis, den seine Freunde nur Giorgio rufen, in Herrenberg bei Stuttgart geboren. Seine Mutter aber wollte, dass er und seine beiden Geschwister in der griechischen Heimat groß werden und dort in die Schule gehen. Sie kehrte also mit ihren Kindern für einige Jahre zurück, während Engonidis Vater weiterhin in Süddeutschland arbeitete und seine Familie daraufhin nur noch in den Ferien sah.

Irgendwann, es muss so 1989 gewesen sein, verliebte sich der Künstler in eine Hamburgerin. Ihretwegen tauschte er den Süden gegen den Norden. Die Beziehung zerbrach, doch die Verbundenheit mit der Hansestadt blieb. "Ich liebe die Nähe zum Wasser, das erinnert mich an zu Hause", sagt der 45-Jährige und lächelt. Engonidis fühlt sich wohl in Hamburg. Er hat einen großen Bekanntenkreis, und vor allem lebt er hier mit seiner Freundin Felicia. "Sie ist meine Muse. Ihre Nähe macht mich kreativ und vor allem glücklich", schwärmt Georgios Engonidis von der Frau in seinem Leben. Aber irgendwann, gibt er zu, will er Norddeutschland verlassen und zurückgehen an den Ort, an dem er seine ersten Pinselstriche gemacht hat. An den Ort, an dem das Meer so schön rauscht und der Sommer nicht verregnet ist.

Der Künstler stoppt mit seinen Erzählungen über die Schönheit seiner Heimat und erinnert sich daran, wie es damals war, als er hierherzog. Wie er in einem griechischen Restaurant als Kellner anfing, weil er vom Verkauf seiner Bilder nicht leben konnte. "Nach und vor der Arbeit habe ich immer gemalt. Das war mein Ausgleich, dabei bin ich zur Ruhe gekommen", erzählt Engonidis. Er spart Geld und besucht Kurse im Atelier Paulwitz-Matthäi.

In seinen ersten Hamburg-Jahren verkauft Engonidis seine Werke hauptsächlich an Restaurants. Größtenteils zeigen sie griechische Landschaften, aber auch Impressionen des täglichen Lebens. Bald kann es sich der junge Künstler leisten, nur noch dreimal in der Woche zu kellnern. Die restliche Zeit verbringt er mit Farbe, Pinsel und Leinwand. Seine Bilder hängen auch bei einem Italiener am Eppendorfer Weg. Dort wird der Hotelier Kai Hollmann auf den Griechen aufmerksam.

Ein wichtiger Kontakt. Es entwickelt sich eine Geschäftsbeziehung zwischen den beiden Männern. "Ich fragte Giorgio, ob er nicht ein paar seiner Stücke in meinem damals neuen Hotel Gastwerk zeigen wollte. Es hat kaum einen Tag gedauert, bis ein Gast das erste Bild kaufte", erinnert sich Hollmann. Mittlerweile hängen auch in seinen anderen Hotels The George und 25hours Engonidis farbenfrohe Leinwände. Hollmann ist so sehr von der Kreativität des Griechen überzeugt, dass er auch bei dekorativen Veränderungen in seinen Häusern auf dessen Meinung setzt.

Seit einiger Zeit stellt der Hotelier Engonidis im Gastwerk ein Atelier zur Verfügung. Die Malereien, die in den lichtdurchfluteten ehemaligen Büroräumen entstehen, sind abstrakt geworden. Sie zeigen keine griechischen Landschaften mehr. "Aber auch diese Bilder erinnern mit den warmen Tönen und leuchtenden Farben gewissermaßen an mein Heimatland. Denn dort ist es warm und hell", sagt Georgios Engonidis, der in den Sommermonaten viel in Griechenland arbeitet und den Winter komplett in Deutschland verbringt.

Stillstand, den gibt es in dem Leben des drahtigen Griechen nicht. Immer wieder versucht er sich an neuen Dingen. So befinden sich in seinem Repertoire auch Schwarz-Weiß-Fotografien und einige Skulpturen. "Ich sage immer, dass man alles ausprobieren sollte. Wenn andere es können, warum solltest du es dann nicht auch können?", sagt der Mann, der so sehr an sich geglaubt hat, dass er sich seinen eigenen Traum erfüllt hat.