Trainer Olaf Jessen macht in seinem Studio die “Rocky“-Darsteller fit für den Musical-Ring. “Man muss das wirklich mal gemacht haben.”

Hamburg. Etwas war anders in den vergangenen Wochen im Boxcenter Hankook. Unter der Dusche trällerte einer die Tonleiter hoch und runter, im Bistro tanzten junge Männer eine Choreografie wie in einem Musikvideo und etwa ein Dutzend Leute trainierte ein paar Mal die Woche als geschlossene Gesellschaft. Doch dann kam die Erklärung: Inhaber und Trainer Olaf Jessen, 46, sorgt dafür, dass Darsteller aus dem "Rocky"-Ensemble nicht nur Boxer auf der Bühne geben, sondern sich auch wie welche fühlen. "Man muss das wirklich mal gemacht haben, um den Sport authentisch rüberbringen zu können", sagt Jessen. Und das habe viel mit der inneren Einstellung zu tun. "Entweder man hat es - oder eben nicht."

Am 18. November feiert das Musical "Rocky - fight from the heart" ("Rocky - Kampf aus ganzem Herzen") im Tui-Operettenhaus am Spielbudenplatz Weltpremiere. Vorlage ist der gleichnamige Film von und mit Sylvester Stallone. Die Geschichte: Der Außenseiter Rocky kämpft sich als zwielichtiger Geldeintreiber durchs Leben und versucht nebenbei das Herz der schüchternen Adrian zu erobern. Doch dann bekommt er die Chance seines Lebens und darf gegen Weltmeister Apollo Creed antreten. Der Kampf seines Lebens. Stallone sowie Vitali und Wladimir Klitschko sind Co-Produzenten des Stage-Musicals. Die Boxbrüder stehen außerdem als sportliche Berater zur Seite - auch wenn dafür zwischen all den eigenen Wettkämpfen und Trainingsphasen nur wenig Zeit bleibt.

Und hier kommt Olaf Jessen ins Spiel. Sofort nachdem er von dem Musical erfahren hatte, schickte er eine Bewerbung an Stage. Im Februar wurde er zu einem Gespräch eingeladen. "Ich habe denen gesagt, dass das, was die Darsteller physisch und psychisch leisten müssen, eine Riesennummer ist", so Jessen. "Und ich sie auf diesem Weg gerne mit meiner Erfahrung begleiten möchte." Ein Plan mit einer entscheidenden Unbekannten: Jessen wusste ja nicht, wie fit die Darsteller sind. Vielleicht würden sie das Training gar nicht durchstehen? Oder noch schlimmer: Was wenn da nun hochnäsige "Sternchen" um die Ecke kommen?

"Aber bereits nach dem ersten Training war das Eis gebrochen und alle Befürchtungen nichtig", sagt Jessen. "Das sind alles sehr sportliche Leute." Das mache ihm die Arbeit leichter. Außerdem habe Tanzen - wie der Boxsport - ja auch viel mit Rhythmus und Bewegungskoordination zu tun. Von manch einem - wie Hauptdarsteller Drew Sarich - ist der Trainer sogar richtig angetan: "Da ist viel Potenzial da."

Konditionelles Training, Taktik, Boxschritte - Jessen bietet dem Musical-Ensemble kein Weichspül-Boxen. "Sie sollen an ihre Grenzen kommen", sagt er. "Aber ich will sie auch nicht kaputt trainieren." Natürlich könne er in fünf Monaten keinen Boxer aufbauen. Jessens Credos: "Geboxt wird bis zur letzten Sekunde" und "Geht nicht gibt's nicht." Und dieses Über-sich-Hinauswachsen sollen die Darsteller verinnerlichen, denn nur so kommen sie authentisch rüber. Zu Beginn kam die Gruppe bis zu dreimal in der Woche zum Training, nun kurz vor der Premiere gibt es nur noch ein offizielles. Aber viele Darsteller haben sich inzwischen vom Boxfieber anstecken lassen und kommen auch zum regulären Training.

Auf dem Rocky-Plakat, das im Fenster hängt, haben viele von ihnen unterschrieben. "Lieber Olaf, vielen Dank für alles", "Für den besten Trainer" und "Du bist der Größte" steht neben den Namen. "Die reißen sich wirklich den Arsch auf", sagt Jessen im Boxer-Jargon. "Ich war echt beeindruckt."

Aber auch nach außen wirkt das "echte" Training der Musical-Darsteller positiv. "Gerade bei uns im Boxsport waren viele skeptisch", sagt Jessen. Singende und tanzende Boxer - was soll das denn? Jessen, der neben dem regulärem Studiobetrieb mit gewaltbereiten Jugendlichen arbeitet, um deren Gewaltpotenzial zu senken, spricht von einem Mehrwert durch die Verknüpfung von echtem Boxsport und Musical. "So langsam wendet sich das Blatt und genau diese Leute fangen an, Interesse für das Projekt zu entwickeln." Jessen selbst geht von einem Erfolg aus. "Gerade für uns Boxer ist Rocky Kult", sagt er. "Da kommt keiner dran vorbei."

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