Marina Krauth ist Teilhaberin der Buchhandlung Felix Jud und sie liebt Literatur. Ihre Leidenschaft für Bücher hat tiefe Wurzeln.

Hamburg. Wer bei Felix Jud, der wunderschönen Buchhandlung am Neuen Wall, an der Ecke zur Mellin-Passage, arbeitet, wer dort gar Partnerin ist, muss ein glücklicher Mensch sein. Dass Marina Krauth glücklich ist, ist schon daran zu spüren, dass sie gern lacht. Sie spricht gern über Bücher. Über richtige Bücher, gern auch über die alten Bücher der antiquarischen Abteilung.

So eine Leidenschaft hat tiefe Wurzeln. Bei Marina Krauth, aufgewachsen auf Gut Taterborn bei Bad Segeberg, reichen sie bis zu den Kunstbüchern, die ihr Vater besaß. "Er war einerseits Landwirt und Pferdeliebhaber, andererseits ein großer Kunstfan." Da gab es große Bücher mit schönen Bildern.

Mit fünf Jahren kommt sie mit ihrer Mutter nach Hamburg, geht am Turmweg zur Schule. Gleich in der Nähe ist eine öffentliche Bücherhalle, "klein, aber mit einer sehr ambitionierten Bibliothekarin, die uns gut versorgt hat". Sie liest viel. Bilderbücher, Kinderbücher, Enid Blyton. "Das erste literarische Buch, das ich zu Ende gelesen hab, war 'Felix Krull' von Thomas Mann."

+++ Der Kampf ums Überleben als Buchhändler +++

Ihr Weg führt sie über die Bücher direkt zum Museum. Sie hatte sich bei Felix Jud, der damals noch lebte, beworben und wurde von ihm während einer Probezeit 1974 zum Buchverkauf bei der großen Caspar-David-Friedrich-Ausstellung in die Kunsthalle geschickt. Danach lernte sie bei ihm Buchhändlerin. Schon damals war das Team der Buchhandlung so etwas wie eine Familie. Kecke Streiche inbegriffen - wie jenen, dem Chef eine Postkarte zu schicken: "Lieber Felix, es bleibt also dabei, am Montag, 20 Uhr. Deine Elfie." Woraufhin man mit wachsender Freude seine zunehmende Nervosität beobachtete, denn Jud war durch schöne Frauen durchaus aus dem Gleichgewicht zu bringen. "Er lachte aber herzlich mit, als die Sache aufgeklärt war. Und gestand: 'Ich hätte einen großen Hund vor die Tür gesetzt und wäre an dem Montag verreist, wenn ich mich nicht hätte erinnern können.'"

Marina Krauth studiert dann Germanistik in München, Kunstgeschichte und Spanisch im Nebenfach. Arbeitet - "weil Literatur und Kunst bis heute zwei Bereiche sind, zwischen denen ich mich nur schwer entscheiden kann" - nebenbei beim Kunstbuchverlag Prestel, Praktikum beim Verlag George Braziller in New York inklusive. Ihres Mannes wegen, der bei einem Hamburger Familienunternehmen tätig ist, kommt Marina Krauth schließlich nach Hamburg zurück. Zurück zu Felix Jud, wo sie, der Lehrling von einst, 1993 Geschäftspartnerin von Wilfried Weber wird, als die Buchhandlung nach dem Brand in den Alsterarkaden wiedereröffnet.

Zurück zu den schönen Büchern. Liebevoll ausgestattet, anspruchsvoll illustriert, Bücher, die gut in der Hand liegen. Bücher, deren Inhalt die Leser überrascht, sie mitnimmt in ungeahnte Welten. "Viele Menschen erwarten wie beim Reisen, dass etwas eintritt, das vorher ganz genau beschrieben worden ist. Lesen Sie mal Prospekte von Reisebüros, wie genau da beschrieben wird, was einem am Urlaubsort erwartet." Gute Bücher, sagt sie, funktionieren genau andersherum: "Ich lese gerade die Reiseberichte von Paul Bowles, 'Taufe der Einsamkeit', entstanden zwischen 1950 bis 1970. Da geht es nicht darum, etwas abzureisen, sondern zu reisen, um sich überraschen zu lassen und zu beschreiben, was die Eindrücke im Bewusstsein des Reisenden auslösen." Obwohl solche Bücher einen hohen Suchtfaktor haben, wird für ihre Zukunft oft schwarzgesehen. "Es gibt auch bei der jungen Generation Bücher, die man besitzen will, anderes lesen sie als E-Book." Selbst elektronisch lesen? Ihr "Nein" kommt schnell und entschieden. "Aber auch die Studenten von heute sind der Meinung, dass das Buch nicht aussterben wird, dass man aber mehrgleisig fahren muss." Für Marina Krauth ist eine Buchhandlung ein geistiger Raum, in dem man sich unterhalten kann, in dem Menschen mit Büchern bekannt gemacht werden. "Wer zu uns kommt, sucht den Dialog, möchte Rat, lässt sich inspirieren. Das Bedürfnis nach solchen Räumen, wo man Besonderes findet, scheint nicht erloschen zu sein."

Herauszufinden, was andere gerade brauchen, was ihnen gefallen könnte, "da ist man immer auch ein bisschen Psychologe, Apotheker, Therapeut". Viele Prominente und Menschen der Hamburger Gesellschaft sind hier Kunden. Wer? "Auch Buchhändler haben eine Schweigepflicht", sagt Marina Krauth lächelnd, "wir würden ja nie sagen: Der liest dies, und der liest das." Ähnlich diskret ist sie, wenn's um ihr Alter geht. Dass sie gern schwimmt, mehrmals pro Woche Modern Dance mittanzt, täglich an der Alster entlang zur Buchhandlung radelt, erzählt sie noch. Um dann mit großer Freude die Autorin Ilse Gräfin von Bredow zu zitieren, die ihr mal geraten hat: "Jünger machen ist Quatsch - du musst dich älter machen, das imponiert den Leuten!"

Ein Gespräch mit einer Buchhändlerin beenden ohne Lesetipps? Das geht gar nicht. Hier sind also zwei von Marina Krauths derzeitigen Favoriten: "Mann mit blauem Schal" von Martin Gayford. Und "Willkommen auf Skios" von Michael Frayn. Könnte man jetzt einfach im Internet ordern. Oder sich in der Buchhandlung empfehlen lassen. Was eindeutig mehr Vergnügen macht...