1938 gründeten seine Eltern im Stadtteil Barmbek ein Optiker-Fachgeschäft. Hansgeorg Bode über den Erfolg des Familienunternehmens.

Hamburg. Mit dem Unternehmer-Gen ist es so: Man hat es, oder man hat es nicht. Hansgeorg Bode hat es offensichtlich; der Inhaber der 74 Optiker-Bode-Filialen nennt es selbstbewusst "das Bode-Gen". Es sorgt dafür, dass er immer auf dem Sprung ist, Neues auszuprobieren. "Ich kann nicht ruhig sitzen bleiben, wenn ich Chancen auf der Straße liegen sehe." Sieht man genauer hin, ist das Bode-Gen eine Mischung aus Hartnäckigkeit, Spieltrieb, Menschenkenntnis und sportlichem Ehrgeiz, gepaart mit handwerklichem Können, einem Hang zum soliden Rechnen und wachsamen Überblick.

Der Senior sitzt im Konferenzraum seiner Firmenzentrale; der Raum ist sachlich und sparsam möbliert, genau, wie sich die Sprache von Bode durch die Abwesenheit von Manager- und Marketing-Sprech auszeichnet. Hier sitzt ein Macher, der auf ein Lebenswerk blickt, das derzeit in die Hände der dritten Generation übergeht.

1938 gründeten seine Eltern in Barmbek ein Optiker-Fachgeschäft, etwa an der Stelle, wo es heute im Einkaufszentrum Hamburger Straße wieder eine Bode-Filiale gibt. "Am ersten Tag machten sie 1,75 Reichsmark Umsatz, hat meine Mutter immer erzählt", sagt Bode. Doch bald florierte der Laden. Derweil steuerte Deutschland mit großen Schritten auf die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs zu. Der Vater wurde 1941 eingezogen, das Geschäft 1943 ausgebombt. Das Unternehmer-Gen bedeutet aber auch: Entwicklungen vorauszuahnen. Hans Bode hatte schon zu Kriegsbeginn größere Mengen an Brillenglas-Rohlingen und 20 Leica-Kameras in einem sicheren Versteck vergraben. So konnte das Geschäft noch 1943 wieder eröffnet werden, 1946 kam die zweite Filiale hinzu.

Das Bode-Gen sorgte dafür, dass Hans Bode nicht nur auf einem Bein stand: Der Optiker verkaufte von 1954 an - eine zweite Schiene des Geschäfts - Röntgenfilme und fotografische Artikel an Kliniken, später auch das, was man für die neue Fotokopiertechnik brauchte. Derweil ging der Sohn Hansgeorg, Jahrgang 1945, nach dem Abitur in Hannover in die Lehre und kehrte, "nach Wanderzeiten in Berlin und München und dem Betriebswirtschaftsstudium" in den Betrieb zurück. 1980 entschlossen sich die Eltern, die Firma mit neun Filialen an ein US-Unternehmen zu verkaufen. "Aber die hatten kein Händchen dafür", sagt Hansgeorg Bode - und kaufte es mit seiner Frau nur vier Jahre später zurück. "Es war ein Sanierungsfall."

Ein Seminar half ihm, den Weg zu entwickeln - er führte zur Umstrukturierung, zum Filialmodell mit einem selbst skizzierten Fünf-Jahres-Plan, der die Rettung brachte. Bode übernahm andere Optiker-Fachgeschäfte und ist heute noch stolz darauf, sein Wort bei solchen Übernahmen per Handschlag gegeben und gehalten zu haben. 1988, zum 50-jährigen Bestehen der Firma, gab es schon 28 Filialen. Er nahm sich selbst in die Pflicht, entwarf ein Beteiligungsmodell zur Motivation der Mitarbeiter ("fast alle sind Augenoptiker, bis auf die Buchhaltung"). Und formulierte in zehn Firmengrundsätzen den Bode-"Spirit", lud regelmäßig Mitarbeiter zu Workshops nach Ibiza ein, um sie darauf einzuschwören. Sein Credo: "Wir wollen gar nicht der günstigste Anbieter auf dem Markt sein, sondern wir setzen auf Beratungsqualität."

Dass man nur beschränkt planen kann, weiß Hansgeorg Bode seit 2002, als erste Anzeichen der Parkinson-Krankheit diagnostiziert wurden. Ein Einschnitt, der den begeisterten Sportler hart trifft. Unterkriegen lässt er sich nicht: "Ich habe gelesen, dass nach 20 Jahren 75 Prozent der Erkrankten dement sind - mein Ziel ist es, zu den übrigen 25 Prozent zu gehören." Medikamenten allein vertraut er nicht, er treibt Sport, vor allem Tennis. "So viel Bewegung wie möglich, das hilft dem Körper." Im Wissen um die Erkrankung hat er seine Aktivität in der Firma eingeschränkt; der langsame Rückzug hilft beim Übergang auf die nächste Generation; Sohn Carsten ist seit 1996 geschäftsführender Gesellschafter, auch Tochter Sandra arbeitet mit. Ihr Baby, Generation vier, darf schon zuschauen.

2006 hat Bode mit seiner Ehefrau Birgit eine Stiftung gegründet. "Wir sind ja keine Insel, sondern profitieren vom Staat, also der Gemeinschaft." Die Stiftung, sagt er, ist etwas Bleibendes, sie gibt etwas zurück, Jahr für Jahr, "in bescheidenem Rahmen". Die Erträge des Stiftungskapitals fließen in norddeutsche Projekte der Jugendhilfe oder zur "Herzbrücke" des Albertinen-Krankenhauses. Derweil sorgt das Bode-Gen für immer neue Ideen, eine "zweite Schiene" gibt es auch wieder: Hörgeräte, und eine Filiale in Rahlstedt füllt mit einem Zentrum für vergrößernde Sehhilfen eine Marktlücke. Um strategische Dinge kümmert sich Hansgeorg Bode noch, nicht mehr ums operative Geschäft, sagt er. Und holt jeden Sonnabend die Post der Firma selbst, um sie durchzuschauen. "Die Hälfte können Sie wegwerfen. Aber man bekommt ein gutes Gefühl dafür, was wichtig ist."

Wichtig ist ihm, er erzählt es sichtbar stolz, dass die Firma vor wenigen Wochen durch die Stiftung Warentest zum Testsieger unter den neun größten Augenoptikern gekürt wurde. "Vor fünf Jahren hatten wir da nicht so brillant abgeschnitten. Wir haben hart daran gearbeitet." Eine Magnum-Flasche Sekt ging an jede Filiale. Und Bode wäre nicht Bode, wenn er nicht gleich auf die Folgen hingewiesen hätte. "Denkt immer daran: Jetzt kommen alle zum Testsieger - und wir müssen diesen Anspruch immer wieder einlösen."