Heute gastieren im Hansa-Theater die Moderatoren Waldemar Hartmann und Jörg Wontorra. Sie proben nicht, lustig wird es trotzdem.

Hamburg. Nein, von minutiöser Vorbereitung kann nicht die Rede sein. Erst heute Nachmittag wird Jörg Wontorra, 62, in Fuhlsbüttel landen - wenige Stunden vor seinem Auftritt am Abend bei der Premiere im Hansa-Theater-Varieté. "Zum Glück", sagt der Sportmoderator, "habe ich ja den Waldi an meiner Seite. Der hat in Sachen Kleinkunst genügend Erfahrung."

"Waldi" ist selbstredend kein Rauhaardackel, sondern eine andere Fernsehgröße: Waldemar Hartmann, 63, so etwas wie die personifizierte Lederhose des Sport-TV. Festgelegt sind heute Abend nur Auftrittszeit - zehn Minuten - und Rollen: "Der Wonti macht natürlich den Fischkopp und ich den Seppl", erklärt Hartmann. Heißt übersetzt: Wontorra, gebürtiger Lübecker, einst Sportchef bei Radio Bremen, nimmt Partei für die norddeutschen Vereine; Hartmann, früher Sportchef des Bayerischen Rundfunks, hält die Fahne des Südens hoch. Blöd nur, dass die Siegesserie des FC Bayern am vergangenen Sonntag ausgerechnet bei Hannover 96 endete. "Das spielt mir nicht gerade in die Karten", brummt Hartmann: "Aber keine Sorge, ich werde trotzdem kontern." Schließlich kann er die ganze Routine aus seinem Comedy-Programm "Born to be Waldi" ausspielen, mit dem er seit 2009 durch Deutschland tourt.

Der Wonti. Und der Waldi. Kosenamen, die in der Fanszene deutlich bekannter sind als das Gros der Bundesliga-Profis. Mehr Autogramme schreiben sie sowieso. Seit Jahrzehnten gehören Wontorra und Hartmann fest zum deutschen Mattscheiben-Inventar, haben TV-Geschichte geschrieben. Wontorra in den 1980ern, als er Werder Bremen "Betrug am zahlenden Zuschauer" vorwarf, worauf der Verein auf Druck des damaligen Trainers Otto Rehhagel ein Stadionverbot verhängte - Bremens Bürgermeister persönlich hob es wieder auf. Hartmanns Sternstunde mit der legendären Wutrede des ehemaligen DFB-Teamchefs Rudi Völler ("Ich kann diese Scheiße nicht mehr hören") im September 2003 wurde allein bei YouTube inzwischen fast eine halbe Million Mal angeklickt.

Beide Moderatoren nutzten den ungeplanten Popularitätsschub geschickt. Wontorra versöhnte sich via TV mit Otto Rehhagel und bescherte Radio Bremen die beste TV-Quote der Geschichte. Hartmann verwandelte die Alkohol-Anspielung Völlers ("Du sitzt hier locker und hast drei Weizenbier drin") in einen lukrativen Werbevertrag mit einer Brauerei, obwohl sich sein Interview-Partner noch in der Sendung entschuldigt hatte.

+++ Gala-Premiere: Drei, zwei, eins ... Varieté! +++

In der TV-Branche, wo Neid fraglos die härteste Währung ist, macht man sich mit dieser Cleverness nicht nur Freunde. Hartmann wird in der Szene zuweilen als "Duz-Maschine" verspottet, dem jede journalistische Distanz fehle. Eigentlich habe er seine Augsburger Kneipe "Waldis Pub", aus der er Anfang der 1970er zur "Augsburger Allgemeinen" wechselte, nie verlassen. Stammtisch eben. Wontorra verteidigt seinen Kollegen: "Das ist Waldis sehr eigene Art. Für mich wäre das nichts. Aber Waldi holt so sehr viel aus seinen Gesprächspartnern heraus."

Zudem kann der vermeintliche Kuschelbär sehr wohl seine Krallen ausfahren. Sein Zwist mit den Programmgewaltigen des Bayerischen Rundfunks lieferte 2004 monatelang Schlagzeilen. "Ich lag schon in der Aussegnungshalle der ARD. Die haben nur vergessen, den Deckel draufzumachen", spottet Hartmann heute. Auch sein eigentlich gutes Verhältnis zum FC Bayern war kurzzeitig nach scharfer Kritik am Rekordmeister arg getrübt.

Ein wenig eitel, keine Frage, sind sie natürlich beide - wie alle TV-Granden. Raucher Wontorra inhaliert die Quoten der Sport1-Sendung "Doppelpass" förmlich, bekniet Top-Gäste, damit sie sich sonntags zwischen 11 und 13 Uhr Zeit für seine Sendung nehmen. Kollege Hartmann erzählt gern, dass "ich mit ,Waldis EM-Klub' mehr Zuschauer in der Zielgruppe der 19- bis 49-Jährigen habe als ein Günther Jauch." Bei aller Popularität machen ihm hämische Kommentare sehr wohl zu schaffen, obwohl er immer wieder darauf verweist, dass ihm "so etwas nach so vielen Jahren nun wirklich egal ist". Als die "Frankfurter Rundschau" von "intellektuellem Bankrott" schrieb, wollte Hartmann gar einen Anwalt einschalten: "Aber es stand Polemik drüber, da gab es keine Chance."

Heute Abend, das ist sicher, droht keine Gefahr. Es wird ein Hamburger Heimspiel für den Fischkopp und den Seppl. Sorgen müssen sich eher die nachfolgenden Künstler machen, wenn die beiden TV-Profis erst mal in Fahrt kommen. Und wer bekommt heute sein Fett weg? Hartmann gluckst schon voller Vorfreude: "Also, über den Lothar Matthäus könnte man sicher was erzählen." Knapp unterhalb der Chauvi-Kante könnte es auch um Spielerfrauen gehen ("Wenn Kreditkarten Beine bekommen, dann meistens schöne lange"). Wontorra wird sich seine Gedanken um den HSV machen - auch da gibt es nach Trainerwechseln im Jahrestakt wahrlich Stoff genug.

"Wonti & Waldi" soll zumindest im Hansa-Varieté ein einmaliges Gastspiel bleiben. Andererseits ist bei diesem Duo nichts auszuschließen. Noch zu gemeinsamen öffentlich-rechtlichen Zeiten hatten Wontorra und Hartmann genau dieses Format für ihre Haussender ausgetüftelt. Vielleicht realisieren sie "Wonti & Waldi" irgendwann als TV-Rentner. Oder eben "Waldi & Wonti". Wer weiß das schon.

Hansa-Theater-Varieté, heute, 20 Uhr, Premiere ausverkauft, Vorstellungen bis 26.2.2012, Karten in allen Abendblatt-Ticketshops und unter der HA-Ticket-Hotline T. 040/30 30 98 98; www.hansa-theater.de