Aus dem Fernsehen kennt man Thekla Carola Wied (65) meist in kämpferischen Frauenrollen wie der Nonne Maria, der alleinerziehenden Mutter oder ehrgeizigen Staatsanwältin.

Im Ernst-Deutsch-Theater spielt sie nach elf Jahren Bühnenabstinenz nun bis zum 2. Oktober die Rolle der enttäuschten, alternden und todkranken Geliebten Ella in der bejubelten Inszenierung des Ibsen-Gesellschaftsdrama "John Gabriel Borkmann".

Hamburger Abendblatt:

Das ist ja wie ein Klassentreffen mit Regisseur Wolf-Dietrich Sprenger .. .

Thekla Carola Wied :

Wir kennen uns aus der Schule, haben in Berlin zusammen Abitur gemacht. Bei einem Fernsehdreh in Hamburg haben wir uns nach 40 Jahren zufällig wieder getroffen. Er war es, der mich dazu brachte, wieder Theater zu spielen. Ein Glücksfall - die wunderbare Arbeit mit ihm, das sehr zeitgemäße Stück, die Rolle.

Abendblatt:

Haben Sie noch Lampenfieber?

Wied:

Nein. Aber vor dieser Premiere hätte ich fast vor Aufregung die Stadt verlassen, wollte mir in der Apotheke sogar Beruhigungstabletten kaufen. Zum Glück kam mein Mann Hannes Rieckhoff aus München angereist, hat mir Händchen gehalten und mich wieder beruhigt.

Abendblatt:

Was ist das Geheimnis Ihrer 17 Jahre dauernden Ehe mit Ihrem gleichaltrigen Mann?

Wied:

Wir empfinden uns als gleichwertig, bevormunden und erziehen uns nicht gegenseitig. Mein Mann, der jetzt Philosophie und Geschichte studiert, akzeptiert mein Schauspielerleben, und wir reden über alles. Langeweile in unserer Ehe gibt es nicht.

Abendblatt :

Wie gehen Sie mit dem Alter um?

Wied:

Es ist ein schönes und auch sicheres Gefühl, zum ersten Mal seine Rente zu bekommen. Beruflich will ich es mir jetzt noch mal beweisen. Ansonsten versuche ich, gesund zu essen, rauche nicht und gehe täglich zügig spazieren. Und übrigens gehören Falten zum Altern dazu. Sonst fehlt dem Gesicht doch jede Ausstrahlung!