Astrid Bohnwagner ist Hausdame in der Villa am Feenteich - und macht das zauberhaft. Selbst der Dalai Lama war dort schon zu Gast.

Uhlenhorst. Bereits das fünfte, ledergebundene Gästebuch hat Astrid Bohnwagner in Gebrauch. Dort, hinter dem roten Einband, verbergen sich die Unterschriften und Danksagungen der Gäste, die seit dem Jahr 2003 im Gästehaus des Senats logiert hatten. "Es ist ein Privileg für mich, in diesem wunderschönen Haus zu sein", schrieb Frank Jensen, Bürgermeister von Kopenhagen. "Wir kamen als Fremde und lebten wie Freunde", hinterließ Dick Hubbard, Bürgermeister von Auckland. Nicht ohne Grund, wie Bohnwagner, die seit Februar 2002 Hausdame im Gästehaus des Senats ist, weiß. "Aus seiner Delegation wurde eine Dame krank, ihr habe ich dann Medikamente aus der Apotheke besorgt und ihr eine Suppe gekocht, das tat ihr gut." Mit Fürsorge und Freundlichkeit führt die 56-Jährige die Geschicke im Haus, das von jeher eines der bedeutendsten an der Schönen Aussicht ist. Nicht nur wegen seiner prädestinierten Alsterlage, sondern auch aufgrund seiner Historie und natürlich der gut gehüteten Geheimnisse.

Die Hausnummer 26 am Feenteich war bereits Ziel und Herberge für die Mächtigen der Welt - gekrönte Häupter, Prominente, Staatsführer und Diplomaten aus allen Ländern. Darunter 1965 Königin Elizabeth II., 2003 das frisch verheiratete Kronprinzenpaar von Norwegen, Haakon und seine Mette-Marit, ebenso der frühere US-Außenminister Henry A. Kissinger, PLO-Chef Jassir Arafat und der Dalai Lama. Wer hier absteigen darf, dem möchte der Senat eine besondere Ehre und Wertschätzung erweisen.

+++ Direktorin am Johanneum: Die erste Frau in 483 Jahren +++

Baumaterialienhändler Johann Friedrich Krogmann bekam 1868 die Genehmigung zu einem Neubau, er vertraute dem späteren Rathaus-Architekten Martin Haller. Dessen Bau fiel schon für damalige Verhältnisse durch seine Größe und spätklassizistischen Stilmerkmale auf.

Heute verfügt die edle Herberge über sieben Schlafzimmer im ersten und zweiten Stock. Eingerichtet sind die repräsentativen Zimmer geschmackvoll, aber nicht überladen, die Bäder sind schlicht und funktional. Es herrscht kein Protz. Einer der schönsten Räume ist das sogenannte große Staatsschlafzimmer, in dem bereits Lady Diana und Prinz Charles nächtigten. Grundsätzlich ist Bohnwagner sehr bemüht darum, alle möglichen Wünsche der Hamburg-Besucher schon vorab zu erfüllen. Deshalb kommt immer einige Wochen vor dem Gast eine Delegation zu ihr an die Schöne Aussicht, die sich die Räume anschaut, mit den Sicherheitsvorkehrungen vertraut macht und Wünsche hinterlässt. So ging die Hausdame für EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso ins Reformhaus und besorgte Zutaten für seine salzarme Kost, für asiatische Gäste werden immer genügend Zahnstocher bereitgehalten und auf Wunsch eines Gastes auch rote und goldene Blumen besorgt. Und auch darüber hinaus versucht Bohnwagner, den Gästen immer einen Schritt voraus zu sein. Ein abgerissener Schnürsenkel eines Herrenschuhs? Wird stillschweigend ersetzt. Ein fehlender Knopf am Smoking? Sofort wieder angenäht. "Ich habe hier auch schon nachts Maisbrei gekocht", sagt sie und lacht. Dank des Internets seien Rezepte aus fremden Ländern schnell gefunden. Es ist eben etwas anderes, als in einem Hotel abzusteigen. "Der individuelle Service spielt im Gästehaus eine besondere Rolle. Außerdem finden dort besondere Veranstaltungen zu Ehren herausragender Persönlichkeiten statt", sagt Jörg Schmoll, stellvertretender Senatssprecher.

Zu Zeiten von Bundeskanzler Helmut Schmidt brummte es besonders am Feenteich, er empfing Staatsgäste am liebsten in seiner Heimatstadt und ließ sie im Gästehaus logieren. Wie viele Treffen in dieser Idylle stattgefunden haben, bleibt geheim, oft zu Gast war jedenfalls der französische Präsident Giscard d'Estaing.

Wie viele Übernachtungen und Geselligkeiten genau in der Villa stattfinden, darüber wird geschwiegen. Man spricht von 60 bis 100 Tagen jährlich, an denen das Gästehaus bespielt wird. Regelmäßig kommt es deshalb zu Kritik und Fragen nach dem Sinn und Kosten und Nutzen der Einrichtung. Über die Gesamtkosten für das Haus wollte der Senat keine Angaben machen.

Dass die Gäste das außergewöhnliche Flair schätzen, ist aber kein Geheimnis. So entspannte sich die finnische Staatspräsidentin Tarja Halonen bei Sonne im Garten, bevor sie Fernsehinterviews gab und sich auf einen Vortrag vorbereitete. Sie wird ihre Zeit in Hamburg auch wegen der beson-deren Herberge nicht so schnell vergessen haben.